Interview mit Nadine S., Lebensmittelchemikerin bei der Eurofins SOFIA GmbH
Lebensmittelchemikerin Nadine S. untersucht Lebensmittel auf mögliche Pflanzenschutzmittel-Rückstände. Im Interview erzählt sie aus ihrem Berufsalltag als Abteilungsleiterin in einem analytischen Dienstleistungsunternehmen.
Welche Ausbildung haben Sie durchlaufen?
Nach dem Abitur habe ich zunächst eine zweieinhalbjährige Berufsausbildung als Chemielaborantin bei BASF AG in Ludwigshafen/Rhein absolviert. Diese Form der verkürzten Ausbildung wurde damals erst zum zweiten Mal bei der BASF AG angeboten und beschränkte sich ausschließlich auf Abiturienten mit guten Noten in Chemie als Leistungs- oder Grundkurs. Nach dem Abschluss arbeitete ich dort im firmeneigenen Ausbildungszentrum als Ausbilderassistentin.
Mein Wunsch zum Studium kam erst nach der Berufsausbildung auf. Ich wollte definitiv eine chemische Studienrichtung wählen, der Praxisbezug war mir dabei sehr wichtig. Ein damaliger Arbeitskollege schlug mir den Studiengang Lebensmittelchemie vor. Nachdem ich mich über die vielfältigen Berufsmöglichkeiten eines Lebensmittelchemikers informiert hatte, stand mein Entschluss diesen Studiengang zu studieren fest. Als Studienort wählte ich die Technische Universität Dresden. Da ich ein sehr praxisorientierter Mensch bin, ging ich während des gesamten Studiums neben den Vorlesungen und in der vorlesungsfreien Zeit als studentische Hilfskraft arbeiten. So sammelte ich erste Berufserfahrungen in der Wasseranalytik bei AMD Saxony LLC & Co.KG in Dresden und untersuchte Speichelproben von Probanden auf deren Cortisolgehalt am Lehrstuhl für Biopsychologie bei Prof. Dr. Kirschbaum (Technische Universität Dresden).
Nach dem ersten Staatsexamen und meinem Abschluss als Diplomlebensmittelchemikerin fing ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Eurofins SOFIA GmbH in Berlin an. Da die Eurofins SOFIA GmbH keine öffentliche Lebensmitteluntersuchungsanstalt sondern ein analytisches Dienstleistungsunternehmen ist, habe ich mich gegen den üblichen Abschluss als staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin (zweites Staatsexamen) entschieden. Meine aktuelle Position ist die Abteilungsleitung der Messtechnik Flüssigchromatografie mit Tandemmassenspektrometrie als Detektion (LC-MS/MS) im Bereich Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln.
Welche Voraussetzungen muss man für diesen Beruf mitbringen, woran sollte man Freude haben?
Die Grundvoraussetzung für meinen Beruf ist die Begeisterung für Lebensmittel, ein chemisches Grundverständnis und für die Arbeit mit den Geräten technisches Geschick. Dann hat jeder Lebensmittelchemiker genau so viel Freude wie ich an diesem Beruf.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
In meiner Abteilung untersuchen wir verschiedenste Lebensmittel auf Pflanzenschutzmittelrückstände mittels LC-MS/MS. So wird jeden Morgen zunächst der technisch einwandfreie Zustand unserer Messgeräte überprüft. Bei circa 1.000 Analysen in einer Woche in meiner Abteilung laufen unsere Geräte nahezu rund um die Uhr. Somit ist dies einer der wichtigsten Bestandteile unseres Arbeitsalltages, um die Wunschtermine unserer Kunden zur Fertigstellung der Analysen zu halten. Ein anderer wichtigster Bestandteil ist die Auswertung der Analysen an sich. Dabei wird ein großes Fachwissen benötigt. Dieses erlangt man allerdings nicht allein durch das Studium, sondern vielmehr durch den täglichen Umgang mit den verschiedenen Proben. Unsere Erfahrungen geben wir auch gerne an neue Kollegen weiter.
Als Abteilungsleiterin ist es meine Aufgabe, den Überblick zu behalten. So organisiere und koordiniere ich nach den vorgegebenen Kundenterminen die Analysen und die Auswertung unserer Proben. Manchmal wird ein Ergebnis vom Kunden dringender als vorher angegeben benötigt, dann organisiere ich meinen Tagesplan schnell neu. Wir sind ein analytisches Dienstleistungsunternehmen und arbeiten sehr kundenorientiert. Ein weiterer Schwerpunkt meines Arbeitsfeldes ist die tägliche Koordination mit anderen Abteilungen des Hauses.
Nach welchen Regeln und Standards arbeiten Sie?
Die Eurofins SOFIA GmbH ist nach den Kriterien der internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 17025:2005 akkreditiert. Diese Norm ist der weltweite Qualitätsstandard für Prüf- und Kalibrierungslabore. Sie stellt die Grundlage für die Akkreditierung durch eine Akkreditierungsstelle dar und umfasst zwei Hauptteile: Anforderungen an das Management und Technische Anforderungen. Die Anforderungen an das Management beziehen sich auf das Unternehmen und die Effektivität des Qualitätsmanagementsystems innerhalb des Labors und entsprechen weitgehend der Norm ISO 9001. Die technischen Anforderungen beschreiben die Kompetenz der Mitarbeiter, die Prüfmethoden, die Geräte und die Qualität sowie die Erstellung von Prüfberichten und Kalibrierscheinen.
Unsere tägliche Qualitätssicherung und die Methodenvalidierung führen wir auf der Grundlage der SANCO/12571/2013 Method Validation and Quality Control Procedures for Pesticide Residues Analysis in Food and Feed durch.
Warum arbeiten Sie gerne für diese Branche?
Lebensmittel sind so vielfältig und unterscheiden sich je nach ihrer Zusammensetzung wenig bis stark voneinander. So ist beispielsweise Tee nicht gleich Tee. Bei einem Spektrum von 350 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in einer Multimethode ist es jedes Mal aufs Neue spannend, ob und wenn ja, welche davon man in einem Lebensmittel findet. Auch wenn die Arbeitsabläufe zur Routine geworden sind, so bleiben die Ergebnisse immer abwechslungsreich und komplex.
Außerdem besitze ich als Lebensmittelchemikerin ein fundiertes rechtliches Wissen zur Beurteilung der Rückstände der Pflanzenschutzmittel und steuere damit täglich einen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit und zum Verbraucherschutz bei. Daher bin ich mir der Verantwortung meiner Arbeit in dieser Branche bewusst und stolz darauf, meinen Beitrag für die Sicherheit und die Gesundheit der Verbraucher zu leisten.
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