Interview mit Mark S., Eisentwickler bei Nestlé Schöller
Wie entsteht eigentlich eine neue Eissorte? Bei Eisentwickler Mark S. funktioniert es so: Idee haben, theoretische Rezeptur entwickeln, im Kochtopf und in einer kleinen Eismaschine die ersten Muster herstellen, verkosten. Und dann? Mehr im Interview.
Welche Ausbildung haben Sie durchlaufen?
Eine klassische Ausbildung zum Eisentwickler gibt es nicht. Ich habe eine dreijährige Ausbildung zum Koch absolviert. Während der Ausbildung beziehungsweise meiner Arbeit in der CGE – Congress Gastronomie interessierte ich mich hauptsächlich für die Bereiche Patisserie, Suppen, Soßen, Fisch- und Fleischzubereitung und die kreative Erstellung von Menüfolgen und Speisekarten. Einhergehend natürlich auch für die gezielte Rohstoffauswahl. Deshalb habe ich nach dem Abschluss meiner Kochlehre eine zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Lebensmitteltechniker an der Fachschule für Lebensmittelverarbeitungstechnik in Kulmbach gemacht.
Welche Voraussetzungen muss man für diesen Beruf mitbringen, woran sollte man Freude haben?
Die Grundvoraussetzung für meinen Beruf ist natürlich die Begeisterung für Lebensmittel an sich, ein Verständnis für die Rohstoffe zur Herstellung von Lebensmitteln und guter Geschmack. Meine Erfahrung als Koch ist von großem Vorteil und sagt mir, welche Zutaten zusammenpassen könnten, und hilft mir, diese dann perfekt aufeinander abzustimmen. Aber vor allem muss man kreativ sein, um immer wieder außergewöhnliche Rezepte zu entwickeln. Dafür muss man neugierig sein und mit offenen Augen durch die Welt gehen, sich inspirieren lassen und das Ganze dann natürlich auch noch umsetzen können. Aber auch die technische Seite muss sein, denn zu meinem Job gehört beispielsweise auch die Erstellung von Spezifikationen. Mittlerweile arbeite ich seit mehr als 13 Jahren in der Entwicklung bei Nestlé Schöller und entwickle für die Marken Nestlé Schöller und Mövenpick pro Jahr ungefähr 40 Sorten.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Mein Job ist es, Eiskreationen zu erfinden, also kreativ zu sein. Dabei sind die regelmäßigen Brainstormings mit Kollegen aus meiner eigenen Abteilung, dem Marketing, der Marktforschung, aber auch mit anderen Köchen besonders wichtig. Häufig kommen mir Ideen für neue Eiskreationen aber auch im privaten Umfeld, zum Beispiel bei einem netten Abend mit Freunden oder beim Einkaufen. Schon die Eindrücke auf einem Wochenmarkt können bei mir neue Ideen auslösen. Um kreativ zu sein, muss man also für alles offen sein.
Wenn ich eine neue Idee habe, entwickle ich zuerst theoretische Rezepturen und mache quasi im Kochtopf und in einer kleinen Eismaschine die ersten Muster. Die verkosten wir anschließend gemeinsam und ich optimiere sie bei Bedarf mehrmals. Später bin ich auch bei den Testläufen in der Produktion und bei der Erstproduktion dabei. Das Eis muss ja dort genauso schmecken, wie meine kleinen Handmuster. Zu meinem Arbeitsalltag gehören neben der Entwicklung dieser Handmuster auch Rezepturkalkulationen und Simulation inklusive Kostenrechnung sowie die Erstellung von Spezifikationen. Außerdem spreche ich sehr viel mit unseren Lieferanten über neue interessante Rohstoffe, über unsere Anforderungen und Vorgaben. Dann begleite ich noch die Trendrecherche und die Workshops mit den Köchen.
Mein Arbeitsplatz eine große und moderne Küche. Natürlich stehen dort mehr Gefrierschränke und Tiefkühltruhen als in einer normalen Küche. Dann haben wir auch noch verschiedene Eismaschinen – von der handelsüblichen Maschine, über hochprofessionelle Eismaschinen bis hin zu einer Mini-Kopie unserer großen Produktionsanlagen.
Nach welchen Regeln und Standards arbeiten Sie?
Jedes Produkt durchläuft mehrere Phasen: von der ersten Eisidee, zum Konzept des Rezeptes, über das Ausprobieren im „Kochtopf“ bis hin zur Realisierung für den Lebensmittelhandel. Bei allen Prozessen habe ich mit Rohstoffen zu tun und dafür haben wir bei Nestlé sehr strenge Standards einzuhalten: Wir beziehen unsere rein natürlichen, gentechnikfreien Rohstoffe nur von zertifizierten Lieferanten. Überdies achten wir bei Nestlé auch auf Nachhaltigkeit.
Zudem muss vorab eine ausführliche Dokumentation vorliegen, die sämtliche Informationen über die verwendeten Zutaten und deren Eigenschaften, Allergene, GMO (engl.: genetically modified organism; gentechnisch veränderter Organismus) und Haccp (engl.: Hazard Analysis and Critical Control Points; Gefahrenanalyse und kritische Lenkungspunkte) enthält. So kommen zum Beispiel gentechnisch veränderte Zutaten nicht in Frage.
Warum arbeiten Sie gerne für diese Branche?
Kochen und der damit verbundene Umgang mit Rohstoffen und Lebensmitteln haben mich schon immer begeistert. Deshalb auch meine Ausbildung zum Koch und danach zum Lebensmitteltechniker.
Wie bin ich zu Nestlé in die Eisentwicklung gekommen? Da hat sich mir ein Erlebnis aus meiner Kindheit eingeprägt. Mit ungefähr acht Jahren habe ich bei einem Marktforschungstest für Kindereis von Schöller teilgenommen. Das fand ich natürlich klasse. Jahre später las ich ein Jobangebot als Eisentwickler bei Nestlé Schöller. Mir war sofort klar, dass ich dorthin möchte.
Meine Arbeit als Eisentwickler ist keine rein technische Arbeit, sondern ich kann meine Leidenschaft und Kreativität bei der Entwicklung von neuen Eissorten austoben. Es ist unglaublich spannend, die verschiedensten und hochwertigen Zutaten zu kombinieren, ihr Zusammenspiel zu verkosten und immer weiter zu verfeinern. Ob ich auf dem richtigen Weg bin, sagt mir einerseits mein eigener Geschmackssinn, andererseits aber auch die Verbraucher. Deren Meinung holen wir schon während der Entwicklungsphase immer wieder ein. Ich finde es immer wieder interessant und spannend durch die einzelnen Schritte bis zum fertigen Eis zu gehen – vom Handmuster bis hin zur großtechnischen Produktion.
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