Fragen und Antworten zu Dioxinen
Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu Dioxin in Lebensmitteln.
Dioxin ist im allgemeinen Sprachgebrauch eine Sammelbezeichnung für chemisch ähnlich aufgebaute chlorhaltige Dioxine und Furane. Insgesamt besteht die Gruppe der Dioxine aus 75 polychlorierten Dibenzo-para-Dioxinen (PCDD) und 135 polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF). Dioxine liegen als Gemische von Einzelverbindungen mit unterschiedlicher Zusammensetzung vor.
Dioxine sind sehr langlebige Verbindungen. Sie reichern sich im Fettgewebe an und werden so gut wie nicht abgebaut. Als chronische Wirkungen von Dioxinen wurden zumindest in Tierversuchen bei hohen Dosen Störungen der Reproduktionsfunktionen, des Immunsystems, des Nervensystems und des Hormonhaushalts beobachtet. Besonders empfindlich reagieren anscheinend die Leber und die Schilddrüse auf Dioxine.
Akute Vergiftungen durch hohe Dioxin-Dosen sind beim Menschen nur nach Industrieunfällen, der Aufnahme hoher Konzentrationen am Arbeitsplatz und nach absichtlichen Vergiftungen bekannt. Am häufigsten treten dabei als Folge lang anhaltende entzündliche Hautveränderungen auf. Weiterhin können Leberschädigungen und Veränderungen im Fettstoffwechsel auftreten. Akute Wirkungen in Folge der Dioxinaufnahme über Lebensmittel sind beim Menschen nicht bekannt.
Dioxine entstehen bei allen Verbrennungsprozessen in Anwesenheit von Chlor und organischen Kohlenstoff unter bestimmten Bedingungen, z. B. bei bestimmten Temperaturen. Dioxin entsteht bei 300 Grad Celsius und mehr und wird bei 900 Grad Celsius und höher zerstört. Dioxine können auch bei Waldbränden und Vulkanausbrüchen entstehen. Dioxine sind überaus persistent und daher in der Umwelt ubiquitär vorhanden. Über die Luft, aber z. B. auch über die Düngung mit Klärschlamm gelangt das Dioxin in den Boden über Bodenpartikel wird es von Weidetieren aufgenommen und gelangt so in die Nahrungskette. Über Abwasser und Flüsse gelangen Dioxine zudem in die Meere und werden so auch von Meerestieren aufgenommen.
ABER: die Dioxinbelastung ist bis zum Jahr 2000 kontinuierlich zurückgegangen, seitdem ist sie auf einem konstant niedrigen Niveau.
Da alle Menschen einer gewissen ständigen Belastung durch Dioxine und dioxinähnliche Polychlorierte Biphenyle (PCB) ausgesetzt sind, wurde eine tolerierbare tägliche Dosis (tolerable daily intake, TDI) ermittelt, bei der man davon ausgeht, dass diese über die gesamte Lebenszeit gesundheitlich unbedenklich ist. Da die einzelnen Verbindungen unterschiedlich giftig sind, wurden so genannte Toxizitätsäquivalente eingeführt. Um die Giftigkeit der einzelnen Substanz mit der giftigsten Verbindung, dem so genannten Seveso Dioxin vergleichen zu können, werden die Gehalte der wichtigsten Einzelsubstanzen mit spezifischen Toxizitätsäquivalentfaktoren (TEF) multipliziert. Die Summe dieser gewichteten Gehalte ergibt dann die Gesamtkonzentration der Toxititätsäquivalente (TEQ). Man unterscheidet zwischen der Summe aus Dioxinen (WHO-PCDD/F-TEQ) und der Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ).
Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde 2000 ein TDI im Bereich von ein bis vier Pikogramm WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro Kilogramm Körpergewicht vorgegeben. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss (SCF) hat 2001 eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme (tolerable weekly intake, TWI) in vergleichbarer Höhe, nämlich 14 Pikogramm WHO PCDD/F-PCB-TEQ pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt. Zur Veranschaulichung: Ein Pikogramm entspricht einem Billionstel Gramm, also 1 pg = 0,000.000.000.001 g. Laut Umweltbundesamt nimmt die deutsche Bevölkerung durchschnittliche täglich 0,7 pg pro Kilogramm Körpergewicht auf.
Für Lebensmittel werden sowohl für die Summe aus Dioxinen als auch für die Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB verschiedene Grenzwerte in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vorgegeben. Dabei wird berücksichtigt, dass die Kontamination in verschiedenen Lebensmitteln unterschiedlich ausgeprägt ist. Deshalb liegen beispielsweise die Höchstgehalte für Fleisch aus Fischen höher als die für Fleisch von Landtieren. Bei den Landtieren wird wiederum differenziert zwischen Rind, Schaf, Geflügel und Schwein. Insgesamt sind die Höchstgehalte so niedrig festgesetzt, dass bei normaler Ernährung der TDI bzw. der TWI nicht überschritten wird.
Höchstgehalte für Dioxine und dioxinähnliche PCB gibt es nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für Futtermittel. Damit wird der Eintrag dieser Kontaminanten in die Lebensmittelkette bereits an früher Stelle begrenzt. Die Höchstgehalte für Futtermittel finden sich in der Futtermittelverordnung; sie basieren auf der Richtlinie 2002/32/EG.
Außerdem wurden auf europäischer Ebene mit der Kommissionsempfehlung 2006/88/EG Auslösewerte für Dioxine und für dioxinähnliche PCB in Lebensmitteln festgelegt. Die Auslösewerte liegen deutlich unter den Höchstgehalten. Wenn die Auslösewerte überschritten sind, sollte nach der Kontaminationsquelle gesucht und Maßnahmen zur Beschränkung oder Beseitigung ergriffen werden. Ein Überschreiten der Auslösewerte führt nicht dazu, dass das Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig ist, hilft aber, Kontaminationsquellen frühzeitig zu erkennen und abzustellen.
Höchstgehalte werden regelmäßig den Entwicklungen der toxikologischen Bewertung angepasst. Die WHO hat im Jahr 2005 ihre Toxizitätsfaktoren von 1997 aktualisiert. Auf diesem Grund werden derzeit überarbeitete Höchstgehalte für Dioxine und dioxinähnliche PCB beraten.
Ein hoher Stellenwert bei der Überwachung von Lebensmitteln kommt den Eigenkontrollen der Wirtschaft zu. Unternehmen, die Lebensmittel herstellen, bearbeiten und verkaufen, sind dazu verpflichtet, durch Eigenkontrollen die Qualität der verwendeten Rohstoffe zu dokumentieren. Nach dem EU-Hygienerecht muss jedes Unternehmen ein Hazard Analysis and Critical Control Points (HACCP)-Konzept haben, welches vorsieht, dass alle kritischen Lenkungspunkte gesteuert werden und sicher gestellt wird, dass bei jeder Charge sicherheitsrelevante Prozessschritte ordnungsgemäß durchgeführt werden. An jedem kritischen Lenkungspunkt wird in festgelegten Zeitabständen geprüft, dass die Mitarbeiter vor Ort die Prüfvorschriften korrekt eingehalten und alle Maßnahmen dokumentiert haben.
Der Dioxin-Vorfall vom Dezember 2010/Januar 2011 fiel durch Eigenkontrollen der Futtermittelindustrie auf, für die vergleichbare Regelungen gelten. Dies wertet die Lebensmittelwirtschaft als Beleg für die Wirksamkeit des Systems. Weiterhin werden die Unternehmen regelmäßig durch die Kontrollbehörden der Länder überprüft.