Im Zeichen der Europawahl – Jahrestagung des Lebensmittelverbands
René Püchner, Präsident des Lebensmittelverbands, eröffnete den ersten Teil der Jahrestagung, die Mitgliederversammlung, mit einer Rede, in welcher er herausstellte, warum es für die Verbände der Lebensmittelwirtschaft eine Herzensangelegenheit war, nicht nur Lippenbekenntnisse abzugeben, sondern in die Kampagne www.lieber-zu-ende-denken.de viel Engagement, Zeit und auch Geld zu investieren: „Es war richtig, diesen Wahlaufruf zu starten und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen und sie daran zu erinnern, wie wichtig ein vereintes Europa ist.“ Gastredner Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, dankte der Lebensmittelwirtschaft für diese „kraftvolle Aktion als Zeichen für Europa“. Er betonte, dass wir dankbar für die EU und damit einhergehend Freiheit, Demokratie und Wohlstand sein sollten.
Weiter am Ball bleiben bei der Reduktionsstrategie
Thematisch sprach der Minister u. a. über Bürokratieabbau als Daueraufgabe, einer Herausforderung der er sich jetzt z. B. mit einem Praxischeck im Lebensmittelhandwerk stellen will. Bei der Reduktions- und Innovationsstrategie heiße es „weiter am Ball bleiben“. Er dankte allen Beteiligten für die „Sicherstellung einer zielgerichteten Einbindung des entsprechenden Know-Hows“ bei den Expertenworkshops unter Federführung des Max Rubner-Instituts. René Püchner betonte zuvor in seiner Rede, dass die Rezepturhoheit bei den Unternehmen bleiben müsse: „Unsere Produktentwickler haben die Expertise für technologische und sensorische Aspekte – nicht NGOs, Krankenkassen oder die Politik.“
„Jeder soll das Essen, was er oder sie möchte“, erklärte der Bundesminister zusammenfassend. Dafür brauche es die Vielfalt, entsprechende Transparenz, aber auch die Stärkung von Ernährungsbildung.
Kompromissbereitschaft beim KLWG
Beim Thema Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz (KLWG) waren sich Püchner und Özdemir einig, dass die Argumente auf dem Tisch liegen. Beide Seiten seien gesprächsbereit. Während der Präsident nochmal an die Formulierung im Koalitionsvertrag erinnerte, die sich auf Sendungen und Formate für Kinder bezieht, erklärte Özdemir vielsagend, er sei kompromissbereit: „Das ist quasi die Jobbeschreibung des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft“.
EU steht vor großen Herausforderungen
Nach der Mitgliederversammlung, bei welcher u. a. vier neue Kuratoriumsmitglieder – Anita Wälz, Head of Corporate Communications Nestlé Deutschland AG, Roland Ermer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, Michael Sauels, Vorstand Bundesverband Deutscher Wurst- und Schinkenproduzenten e. V. und Dr. Christian Weseloh, Geschäftsführer Deutscher Raiffeisenverband e. V. – gewählt wurden, gab es eine kurze Pause, bis dann die Abendveranstaltung startete. René Püchner und Barbara Gessler, die neue Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin, sprachen über die drei Tage später stattfindende Europawahl und „die damit verbundene Verteidigung der liberalen, marktwirtschaftlichen Demokratie“, so Gessler. Weitere Themen: Die komplexen Herausforderungen, die vor der Europäischen Union liegen, wie beispielsweise Digitalisierung, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Transformationsprozesse bis hin zur Klimaneutralität. „Wir müssen in nachhaltige Lebensmittelsysteme investieren – denn ohne Investitionen wird der Übergang zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen nicht gelingen,“ so Präsident Püchner. Er führte weiter aus: „Wenn wir die Potenziale, die Wissenschaft und Forschung uns präsentieren, nicht nutzen, dann werden wir mehr Nachhaltigkeit nicht erreichen. Und wenn wir Zulassungsverfahren und den Marktzugang in der Europäischen Union nicht endlich entbürokratisieren und auch die Chancen der Digitalisierung weiter ungenutzt lassen, auch dann werden wir unsere Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Wir haben da noch einen weiten Weg zu gehen.
Im Anschluss an die Reden boten sich noch viele Gelegenheiten zum Austausch und Networking im Foyer und auf der Terrasse mit Blick auf den Fernsehturm in der Veranstaltungslocation „Haus Ungarn“.