Was Mauerfall und Digitalisierung gemeinsam haben
Ist die Digitalisierung die treibende Kraft für die Polarisierung der Gesellschaft? Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, und Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitales, haben im „Küchenkabinett“-Talk mit Christoph Minhoff, BLL, klare Antworten darauf gefunden.
Michael Kellner meint mit Blick auf seine eigene Biografie: „Die friedliche Revolution von 1989 brachte gravierende Änderungen für viele Menschen mit sich. Die Ostdeutschen haben damals ganz analog Disruption erfahren. Über Nacht hat sich alles verändert und das ist in vielen Teilen schlecht gemanagt wurden. Heute, wenn es um Veränderung durch Digitalisierung geht, ist die Herausforderung, das klüger zu gestalten und die Erfahrung von damals zu verstehen und mit zu berücksichtigen“.
Er ergänzte, dass der Mauerfall auch zu Frust geführt habe, den man jetzt auch in politischen Strömungen sehe: „Das ist eine Frage von Statusverlust und Repräsentanz. Abgesehen von unserer Bundeskanzlerin – woher kommen die Menschen in Führungspositionen? Das führt dazu, dass die Zufriedenheit geringer ist und zu einer Verunsicherung. Auch die ökonomischen Schutzzonen sind in Ostdeutschland geringer.“
Digitalbildung in die Schulen bringen
Für Dorothee Bär ist vor allem die Verrohung in den sozialen Netzwerken und die Verbreitung von Lügen und bewussten Falschmeldungen ein Problem: „Im Internet werden alle Hemmungen fallen gelassen – und das nicht versteckt hinter Pseudonymen, sondern mit Klarnamen.“
Die Ministerin will das Thema Digitalisierung deshalb in den Schulen verankern. Denn der mündige Bürger müsse lernen, bewusste Falschmeldungen zu erkennen: „Klar, irgendwo muss auch die Familie zu Hause noch bestimmte Dinge leisten, beispielsweise im Bereich der Ernährungsbildung. Das sehe ich nicht so in der Schule. Aber bei der Digitalisierung ist das etwas anderes. Wie soll das Elternhaus das leisten, wenn die Kinder technisch weiter sind als die Eltern? Deshalb müssen wir das in die Schule reinbringen.“
Das Rezept der Grünen?
Neben der Digitalisierung sprechen Bär und Kellner in der neuen Ausgabe der Web-Talkshow „Küchenkabinett“ auch über die Definition einer Volkspartei, den Unterschied zwischen Parteien und Nichtregierungsorganisationen und die Frage, wer diejenigen sind, die Bündnis 90/Die Grünen zu den Gewinnern der letzten Landtagswahlen gemacht haben.
Für Michael Kellner ist klar: „Uns alle Grüne eint die Frage von Ökologie, zum Beispiel Klimaschutz oder Artensterben. Andere Parteien haben die Wucht dieses Themas verkannt als Wohlfühl- und Wohlstandsthema und nichts ist falscher, als das zu denken. Die Grünen haben seit ihrer Gründung unterschiedliche Menschen vereint, von links bis konservativ. Bei CDU/CSU und SPD haben die Wähler teilweise das Gefühl, dass denen nichts mehr heilig ist, dass sie zerstritten sind. Die Menschen haben uns gewählt, nicht nur für die Haltungsfrage in der Ökologie, sondern auch in der Menschlichkeit.“
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Die 3. Folge Küchenkabinett steht auf dem YouTube-Kanal des Magazins Cicero online und kann hier angesehen werden:
Web-Talkshow „Küchenkabinett“
Das „Küchenkabinett“ ist ein Talkformat des Spitzenverbands der Lebensmittelwirtschaft BLL in Kooperation mit dem Magazin Cicero, das gleichermaßen einen Fokus auf die politische Kultur und die Esskultur legt. In der Web-Talkshow treffen sich Politiker und andere Persönlichkeiten, um die Kultur des guten Essens, des politischen Meinungsstreits und des niveauvollen Gesprächs zu feiern.
Den passenden Rahmen für den Talk bildet ein geschmackvolles Dinner, zubereitet von Spitzenkoch Markus Herbicht im ehemaligen Schmelzwerk in den Sarotti-Höfen in Berlin-Kreuzberg. Aufgetischt in der 3. Folge wurde „Kalbshaxe Gärtnerin-Art“ in Anlehnung an die Heimat von Dorothee Bär.
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