Mikroplastik und Lebensmittel
Kunststoffe und Kunststoffprodukte sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Neben vielen Anwendungsbereichen sind sie auch für die Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln unerlässlich.
Kunststoffverpackungen tragen dazu bei, dass Lebensmittel bedarfsgerecht, hygienisch einwandfrei und qualitätserhaltend angeboten werden können. Auf der anderen Seite ist die unbedachte oder absichtliche Freisetzung von Kunststoffprodukten insbesondere mit Blick auf die Weltmeere zu einem globalen Umweltproblem geworden. Durch den Einfluss von UV-Strahlung und Reibung zersetzen sich Kunststoffprodukte in Fragmente und in Kleinst- bis Mikropartikel (sogenanntes „Mikroplastik“).
Nach heutigem Kenntnisstand sind die Umweltmedien Luft, Boden, Wasser allgegenwärtig (ubiquitär) und global mit Mikroplastik belastet. Dadurch gelangt Mikroplastik unvermeidbar auch in die Nahrungsketten; Lebensmittel und Wasser tragen zur Exposition des Menschen bei. Nach gegenwärtigen wissenschaftlichen Studien gibt es aber keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Risiken durch Aufnahme von Mikroplastikpartikeln mit dem Verzehr von Lebensmitteln.
Eine zentrale Voraussetzung zur Entlastung von Meeren, Binnengewässern und Böden ist ein bewusster und sorgfältiger Umgang mit Kunststoffprodukten durch global wirksame Konzepte zur Reduzierung, Rückführung, Wiederverwendung und Wiederverwertung (Recycling) von Kunststoffen. Lebensmittelverpackungen, landwirtschaftlich genutzte und lebensmittelnahe Materialien aus Kunststoff sind hier ausdrücklich einbezogen, auch wenn sie nicht einseitig als maßgebliche Ursache zu sehen sind.
Die nationale und europäische Lebensmittelwirtschaft hat großes Interesse an der sachlichen Aufklärung der Zusammenhänge und an einer vorsorglichen Minimierung möglicher Einträge von Kunststoffpartikeln in ihre Produkte. Zugleich jedoch sind Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff erforderlich, um das hohe erreichte Niveau der Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität aufrecht zu erhalten. Wegen vieler solcher bestehenden Wechselwirkungen kann die globale Situation der Kunststoffemission nur unter Einbeziehung aller gesellschaftlich relevanten Akteure nachhaltig verbessert werden.
Im Zuge der intensiven Anstrengungen zur Erforschung der Zusammenhänge und der Relevanz von Mikroplastik für Umwelt und menschliche Gesundheit sind nachfolgend einige Fragen im Kontext von Lebensmitteln und Trinkwasser angesprochen, die auf der Grundlage des derzeitigen Wissensstandes beantwortet werden.
Aus fortschreitenden Erkenntnissen ergeben sich jedoch stets weitere Fragestellungen und es besteht insgesamt ein immenser Forschungsbedarf, den u. a. die FAO 2023 in einem umfassenden Bericht zu „Microplastic in Food Commodities“ als Grundlage für künftige erforderliche Risikobewertungen zusammengestellt hat [1].
Fragen und Antworten zu Mikroplastik und Lebensmittel
Was sind Mikropartikel und Mikroplastik?
„Mikropartikel“ sind allgemein definiert als Teilchen, die kleiner sind als 5 mm, und die von höchst unterschiedlicher Geometrie und materieller Beschaffenheit sein können.
„Mikroplastik“ sind feste, unlösliche Partikel oder Fasern, die kleiner als 5 mm sind und aus Kunststoffen (Polymeren) unterschiedlicher Art bestehen können. Nach internationaler Standardisierung (ISO) sind Mikro- bzw. Nanoplastik alle festen oder wasserunlöslichen Objekte beliebiger Form im Größenbereich von 1 nm bis 5 mm. Mikropartikel werden nach großen Partikeln (1-5 mm) und kleineren (1-1000 µm) unterschieden [2].
Es gibt insofern eine internationale Vereinheitlichung der Definition insbesondere bezüglich der Geometrie (Größe und Form), jedoch keine vereinheitlichte Beschreibung der Beschaffenheit.
Mikroplastik wird auch nach der Quelle und Art der Freisetzung unterschieden: Primäres Mikroplastik wird gezielt hergestellt (Typ A) oder wird während der Nutzung freigesetzt
(Typ B). Sekundäres Mikroplastik entsteht zufällig durch langsame Fragmentierung von Plastik in der Umwelt [3].
In die Umwelt freigesetzte Mikroplastikpartikel sind folglich bezüglich ihrer möglichen Quellen und Beschaffenheit so vielfältig und unterschiedlich wie die Kunststoffe selbst. Die chemische Zusammensetzung der einzelnen Mikropartikel hängt ebenso wie Form und Geometrie vom jeweiligen Ausgangswerkstoff ab (Elastomere, Thermoplaste, Duroplaste). Meist liegen Mikroplastikpartikel vom Typ B als Gemische unterschiedlichster Materialien und Größen vor.
Für bestimmte Verwendungszwecke (Reinigungsmittel, Kosmetik) gezielt hergestellte Mikrokunststoffpartikel vom Typ A sind dagegen in der Beschaffenheit sowie Größenverteilung homogen und haben eine bekannte stoffliche Zusammensetzung.
Wie kommt Mikroplastik in die Umwelt?
Da Kunststoffmaterialien in der Umwelt allgegenwärtig sind und es bei oder nach Gebrauch unvermeidlich zu Verschleiß und Abrieb und dadurch zur Freisetzung von Partikeln kommt, ist Mikroplastik seit Jahrzehnten in allen Umweltbereichen vorhanden.
Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Fraunhofer UMSICHT) [3] sind Abrieb aus Verkehr (z. B. Reifenabrieb und Asphalt) und Infrastruktur (z. B. Bautätigkeiten, Verwitterungsprozesse) die mengenmäßig größten Verursacher von Mikroplastikpartikeln (Typ B), gefolgt von Faserabrieb in Privathaushalten (z. B. Tragen und Waschen von synthetischen Textilien, Teppichböden) und Gewerbebetrieben (z. B. Einsatz und Aufbereitung kunstfaserhaltiger Textilien).
Quellen von sekundärem Mikroplastik in der Umwelt sind freigesetzte Kunststoffprodukte, die sich unter den jeweils herrschenden physikalischen und chemischen Einflüssen zersetzen. Das sind zum einen unkontrolliert oder infolge unzureichenden Abfallmanagements in die Umwelt entlassene, gebrauchte Kunststoffartikel (wie Haushalts- und Verpackungsmüll), zum anderen werden Kunststoffprodukte absichtlich durch oder nach Gebrauch freigesetzt (z. B. durch Müll-Verklappung, Fischernetze, Anbau-Folien aus landwirtschaftlichen Flächen, Düngemittel).
Die Einflussfaktoren auf die Fragmentierung bzw. Zersetzung von Kunststoffen sind sehr vielfältig; die Zeitdauer der Zersetzungsprozesse kann derzeit nur mit großen Unsicherheiten abgeschätzt werden [3].
Wird Mikroplastik auch gezielt hergestellt und verwendet?
Eine mengenmäßig weniger bedeutende Quelle von primärem Mikroplastik (Typ A) sind die absichtlich hergestellten und gezielt verwendeten Mikropartikel, die vorwiegend über Industrie- und Haushaltsabwässer freigesetzt werden. Solche Mikropartikel auf Kunststoffbasis (PE/PU/PP) können z. B. als Füllstoffe und Bindemittel in Reinigungsmitteln, Körperpflegemitteln und Kosmetika, Scheuermilch, Zahncremes und Peelings verwendet werden. Sie werden zugesetzt, um durch mechanische Effekte die Wirkung solcher Produkte zu erhöhen. Allerdings haben die Kosmetik- und Waschmittel-Hersteller bereits seit Jahren freiwillig auf kunststoffbasierte Mikropartikel verzichtet.
Im Oktober 2023 sind zudem europäische Regelungen in Kraft getreten, um Schritt für Schritt spezifische Verbote von absichtlich zugesetzten Mikroplastikpartikeln zu erreichen. Im ersten Schritt werden synthetische, abbaubeständige Partikel (z. B. Glitter) in Kosmetika und in Spielzeug verboten. Weitere Verbote betreffen zum späteren Zeitpunkt die Verwendungen in Reinigungs- und Waschmitteln, in Baustoffen, Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Saatgut [4].
Was ist über die Umweltauswirkungen von Mikroplastik bekannt?
Die Umweltrelevanz von Mikroplastik ist in den letzten Jahren stark in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang der infolge der jahrzehntelangen Meeresvermüllung im Meerwasser treibenden Kunststofffragmente, die im Laufe der Zeit in immer kleinere Teile zerfallen. Alle Stadien dieser Bruchstücke können von Meerestieren mit Nahrung verwechselt und aufgenommen werden. Tiere können durch die Aufnahme solcher Kunststoffteile direkt verletzt werden, verhungern oder es kann entlang der maritimen Nahrungskette eine Anreicherung stattfinden.
Seit 2015 werden die möglichen Auswirkungen von Mikroplastik in der Umwelt im Rahmen verschiedener nationaler und internationaler Projekte intensiv erforscht. In Deutschland werden aktuell zahlreiche Forschungsvorhaben durchgeführt und durch die Bundesregierung unterstützt, um Erkenntnisse über Mikroplastik in der Umwelt und mögliche Maßnahmen zur Minimierung weiterer Einträge zu gewinnen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Forschungsprojekt „Plastik in der Umwelt - Quellen, Senken, Lösungsansätze“ [5] in 20 Verbundprojekten die unterschiedlichsten Fragestellungen zur Entstehung und Vermeidung von Kunststoffemissionen erforschen lassen. Es wurden teilweise sehr bedeutende Grundlagen auch in Bezug auf Analytik, Terminologie und Toxikologie geschaffen.
Zu vielen Fragen bezüglich der Auswirkungen der Umweltbelastungen auf Mensch, Tier und Pflanzen, kann jedoch aufgrund unzureichender Daten noch keine abschließende Aussage getroffen werden [7].
Kann Mikroplastik in die Lebensmittelkette und ins Trinkwasser gelangen?
Mikropartikel sind in der Umwelt überall vorhanden; in der Atmosphäre sind sie als Staub- und Rußpartikel zu finden, ebenso im Regenwasser. Jede mechanische Beanspruchung von Materialien führt zu Abrieb und setzt Mikropartikel frei. Insbesondere Kunststoffmaterialien, die in der modernen Umwelt allgegenwärtig sind und bei deren Einsatz es unvermeidlich zu Abrieb und zur Freisetzung von Fasern und Staub kommt, tragen zur Verbreitung von Mikropartikeln bei.
Mikropartikel sind Teil der Lebensumwelt des Menschen und folglich auf Agrarprodukten, in Lebensmitteln und auch im Trinkwasser nicht zu vermeiden. Sie können über die Luft, Staub und Böden oder über Meer-, Süß- und Grundwasser in Lebensmittel und in Rohstoffe für Lebensmittel eingetragen werden. Bei der Lebensmittelherstellung und -verpackung spielen die Lebensmittelkontakt- und Verpackungsmaterialien sowie Reinigungsprozesse eine Rolle als Eintragsquellen. Auch Abrieb in den technischen Anlagen oder aus eingesetzten Packstoffen gilt als unvermeidbar.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat 2019 die wichtigsten Fragen zu Eintragspfaden, dem Vorkommen, der Zusammensetzung, der Partikelgröße und der Menge an Mikroplastikpartikeln in Lebensmitteln veröffentlicht [6]. Dem BfR liegen bis dato keine gesicherten Erkenntnisse zu den relevanten Eintragspfaden, den Mengen, der Zusammensetzung und Größe von Mikroplastikpartikeln in Lebensmitteln und Wasser vor. Auch bei stetiger Verbesserung der Messtechniken sind laut BfR „Qualifizierung und Bestimmung von Expositionsmengen eine große wissenschaftliche Herausforderung“.
Wie viele Mikroplastikpartikel wurden in Lebensmitteln oder Trinkwasser gefunden?
Eine Literaturstudie von 2022 wertete die Befunde über die Anzahl von Mikropartikeln in den am häufigsten untersuchten Lebensmittelgruppen (u. a. Fische, Muscheln, Meersalz, Leitungswasser, Flaschenwasser) aus. Die Partikelzahlen schwanken demnach sehr stark [8].
Neuere Forschungsergebnisse liefern erste Daten zur Anzahl von Partikeln, deren Größe unterhalb von 1 µm liegt, u. a. in Trink- und Flaschenwässern. Mit sinkender Partikelgröße steigt die Anzahl der Partikel im Lebensmittel stark an. Laut o. g. Studie machten Partikel, die kleiner als 5 µm sind, zum Teil mehr als 90 Prozent aller ermittelten Partikel in Trinkwasser oder Fischfilet aus. Dieser Größenbereich ist allerdings nur in wenigen Arbeiten untersucht. Da sich Eigenschaften mit abnehmender Partikelgröße prinzipiell ändern können, sind weitere wissenschaftliche Klärung und Verbreitung der Datenbasis erforderlich.
Deutlich weniger ist derzeit über die Masse von Mikro- und Nanopartikeln in Lebensmitteln bekannt. In Fischereierzeugnissen wurden z. B. Gehalte zwischen 18 mg/kg bis 300 mg/kg bestimmt. Berechnungen zufolge nehmen Erwachsene im Mittel etwa 883 Mikropartikel pro Tag auf, wobei der größte Anteil mit 272 Mikropartikel durch Inhalation erfolgt. Untersuchungen im Wasser zeigen Anzahlen von 5-200 Mikropartikel/l. Das wären, unter der Annahme, dass Mikroplastik-Befunde allesamt Kunststoffpartikel sind, im Höchstfall 0,06 mg/Kunststoff pro Liter Wasser und somit ein Wert weit unter der tolerierten Aufnahmemenge für Kunststoffe aus Lebensmittelverpackungen. Nach EU-Kunststoffverordnung gelten 60 mg Kunststoff pro kg Lebensmittel (Globalmigration) als tolerierbar. Nun geht aus neuesten Studien hervor, dass nur 10% detektierter Mikropartikel z. B. in abgefüllten Wässern tatsächlich Plastikpartikel sind. Die Gleichsetzung von Mikropartikeln mit Kunststoffpartikeln ist nicht korrekt und folglich sind auch Hochrechnungen von hohen Kunststoffaufnahmen über die Nahrung und plakative Vergleiche („Kreditkarte“) nicht seriös.
Welche Messmethoden gibt es für Mikroplastik in Lebensmittel und Wasser?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine validierten, d. h. allgemein anerkannten und geprüften Methoden zur Identifizierung und quantitativen Analyse von Mikroplastik in Lebensmitteln. Um Mikropartikel und Nanopartikel hier zuverlässig nachweisen zu können, besteht weiterhin ein großer Forschungsbedarf.
Die Entwicklungen der letzten Jahre umfassen dabei nicht nur den immer sensitiveren und selektiveren Nachweis, sondern auch die Ermittlung geeigneter Probenahme- und Probenvorbereitungsmethoden und die Vermeidung von Kunststoffkontaminationen bei der Analytik.
Dennoch sind bis heute viele Fragen zum Vorkommen und zu den Auswirkungen von Mikroplastik unbeantwortet geblieben, was häufig auf das Fehlen reproduzierbarer analytischer Daten zurückzuführen ist. Für die Generierung solcher Daten ist es entscheidend, dass zuverlässige, dokumentierte Analysemethoden zur Verfügung stehen. Derzeit gibt es zahlreiche instrumentelle Techniken und experimentelle Verfahren zur Bestimmung von Mikroplastik, die jeweils ihre Stärken und Schwächen haben. Aufgrund der Vielzahl der verwendeten Methoden und der fehlenden Harmonisierung kann ein Vergleich der Ergebnisse zwischen veröffentlichten Studien jedoch schwierig sein und wird durch das Fehlen von Qualitätssicherungsinstrumenten wie Methodenvalidierung, Referenzmaterialien und Eignungsprüfungen noch erschwert.
In dem Bemühen, diese Probleme anzugehen, führt z. B. die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission eine Reihe von Untersuchungen durch. Spezifisch für den Lebensmittelbereich wurde 2022 eine standardisierte Grundlage und technische Spezifikation geschaffen zur allgemeinen Beschreibung der Methoden der Probenahme, Probenvorbereitung und Charakterisierung von Mikroplastik in Lebensmittelmatrices (ausgenommen Wasser) [10].
Weiterentwickelte, jüngst publizierte Methoden auf Basis der verfügbaren Spektroskopie erlauben die unspezifische Messung von Partikeln unter 1 µm, sind jedoch weder validiert noch qualitätsgesichert [11]. Wissenschaftliche Weiterentwicklungen solcher methodischen Ansätze sind erforderlich.
In einem spezifischen und mehrjährigen Forschungsprojekt unter Beteiligung renommierter Forschungsstellen über das Fördernetzwerk CORNET/IGF wird die aktuelle Situation von Mikroplastik (<1 mm) in Lebensmitteln erforscht. Eintragsquellen sollen durch Rückschlüsse auf die Art der Partikel identifiziert werden. Hierdurch sollen zukünftig Einflüsse von Verpackungsarten und Abfüllsystemen vergleichbar werden. Nicht nur flüssige Medien, sondern auch Oberflächen von festen sowie pulverförmigen Lebensmitteln werden einbezogen [12].
Von den Forschungsstellen wurden bereits wichtige Erkenntnisse und potentielle Maßnahmen zur Vermeidung von Mikroplastik-Kontamination durch Prozessieren und Abfüllen bzw. Verpacken von Lebensmitteln veröffentlicht. Sie fokussieren u. a. Reinigung in Mehrweganlagen und Materialauswahl bei Packstoffen [13].
Welche gesundheitlichen Bedenken und wissenschaftliche Einschätzungen dazu gibt es?
Trotz der offenen analytischen Fragestellungen ist von einer ernährungsbedingten oralen Aufnahme von Mikropartikeln und Nanopartikeln mit Lebensmitteln und Wasser auszugehen. Wie groß die Exposition ist, ob eine daraus resultierende potenzielle gesundheitliche Gefährdung resultiert und welche Relevanz weitere Aufnahmepfade (z. B. Inhalation) haben, kann derzeit noch nicht abschließend wissenschaftlich beurteilt werden.
Um das tatsächliche Risiko von Mikroplastik in der Nahrungskette zu bewerten, werden verlässlichere Daten benötigt. Das BfR hat hierzu verschiedene Projekte initiiert und führte Studien (u. a. Tierstudien mit verschiedenen fluoreszenzmarkierten Mikroplastikpartikeln) zur Aufnahme von Mikroplastikpartikeln über den Darm und den möglichen damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen durch. Laut BfR geben die bisher gewonnenen Daten keine Hinweise auf adverse Effekte der verwendeten Plastikpartikel im Mausmodell. Auch durchgeführte in vivo-Studien an Modellsystemen der humanen gastrointestinalen Barrieren zeigen, dass die Bioverfügbarkeit oral aufgenommener Mikroplastikpartikel verschwindend gering ist.
Eine BfR-Forschergruppe hat gezielt die Wirkung von Mikro- und Nanoplastikpartikel auf Zellkulturen untersucht [9]. Neben Größe spielen Form, Oberfläche und chemische Eigenschaften eine Rolle bei der Frage, wie sich die Partikel auf unterschiedliches Gewebe auswirken. Aktuelle Daten sprechen jedoch für ein insgesamt begrenztes gesundheitliches Risiko durch Mikropartikel in Trinkwasser und Lebensmitteln.
Welche übergreifenden Maßnahmen zur Eindämmung der Mikroplastikemissionen gibt es?
In der Öffentlichkeit und Politik gibt es ein hohes Bewusstsein für die Relevanz von Mikroplastik in der globalen Umwelt und daher gibt es eine Vielzahl internationaler Forschungsprojekte zu diesem Thema. Zielführende Strategien können letztlich nur europäisch oder international gefunden werden. Nach den Empfehlungen der Studie des Fraunhofer-Instituts UMSICHT dürfen die Forschungen nicht nur auf Einträge in die Meere fokussiert werden, sondern müssen alle Umweltbereiche in den Blick nehmen. Prioritäre Maßnahmen sollen dabei bei den wichtigsten Quellen, d. h. im Bereich Verkehr, Gebäude und Infrastrukturen ergriffen werden.
Die Europäische Union hat bereits konkrete Verbote bezüglich der absichtlichen Verwendung von Mikroplastik erlassen. Bei Lebensmittelverpackungen, in denen dies ohne Einschränkungen für Hygiene und Qualität möglich ist, leistet die Lebensmittelwirtschaft mit Maßnahmen wie Bepfandung, Recycling oder Förderung von Mehrweg bereits heute einen Beitrag zur Vermeidung von Plastik. Gleichwohl gibt es in der Lieferkette die Überzeugung, dass Kunststoffe und Kunststoffprodukte für die Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung von sicheren Lebensmitteln unerlässlich sind und nur geeignete Verpackungen auch in Zukunft dazu beitragen, Lebensmittel hygienisch einwandfrei und qualitätserhaltend anzubieten und so Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.
Quellen und aktuelle Unterlagen:
[1] The Food and Agriculture Organization (FAO) „Microplastics in food commodities - A food safety review on human exposure through dietary sources“, 2022, Rome
[2] DIN CEN ISO/TR 21960 Kunststoffe in der Umwelt – Aktueller Wissensstand und Methodik Englische Fassung CEN ISO/TR 21960:2020
[3] Fraunhofer UMSICHT (Juni 2018) „Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik – Ursachen, Mengen, Umweltschicksale, Wirkungen, Lösungsansätze, Empfehlungen“ Kurzfassung der Konsortialstudie
[4] Verordnung (EG) Nr. 2023/2055 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH)
[5] Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Forschungsprojekt „Plastik in der Umwelt - Quellen, Senken, Lösungsansätze“, Kompendium, 2. Auflage 2022 und Kernbotschaften 2022
[6] FAQ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) (2019), „Mikroplastik: Fakten, Forschung, offene Fragen“
[7] Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste Infobrief „Mikroplastik-Ursachen, Verbreitung und Wirkung“ | AZ: WD8-3010-091/21 vom 25.1.2022
[8] Mikro- und Nanoplastik in Lebensmitteln Lebensmittelchemie 76 (2022), Seite 128 | Julia Süssmann et. el., div. Max Rubner-Institute (elke.walz@mri.bund.de
[9] Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) „Wie reagieren Zellen auf Mikro- und Nanoplastik“ (2022)
[10] DIN/TS 10068:2022-09 „Lebensmittel - Bestimmung von Mikroplastik - Analytische Verfahren“
[11] „Rapid single-particle chemical imaging of nanoplastics by SRS microscopy“, PNAS Naixin Qian et. al. (2023)
[12] microplastic@food: „Methodenentwicklung zum qualitativen und quantitativen Nachweis von Mikroplastik in Lebensmitteln, Ursachen und Präventionsmaßnahmen“ IVLV (2021-2023; Abschlussbericht noch unveröffentlicht)
[13] microplastic@food: „Maßnahmenkatalog zur Reduktion von Mikroplastik in Lebensmitteln“ (9/2023) Wien