„Der gute Geschmack beginnt auf der Weide"

Käpt'n Cheese – woher kommt der Name und was macht ein Käsesommelier?
Wie ein Kapitän sein Schiff navigiere ich Menschen durch die Welt der Käsespezialitäten. Mein Berufsfeld ist extrem vielseitig: Viele Käsesommeliers arbeiten im Verkauf und beraten an der Käsetheke, andere spezialisieren sich auf die Bewertung von Käse oder sind selbst Käser. Ich bilde die Käsetheken-Crews bei Edeka Nord aus, organisiere Käseverkostungen und schreibe Käsegeschmacksprofile für Käsereien. Außerdem bin ich im Vorstand des Verbands der Käsesommeliers.
Es gibt unzählige Käsesorten. Welche sind in Ihren Augen die wichtigsten?
Weltweit gibt es rund 5.000 Käsesorten, eine Top-Ten ist da schwer. Besonders am Herzen liegen mir Rohmilchkäse, da sie eine größere Aromenvielfalt bieten und hohe handwerkliche Fähigkeiten erfordern. Gleichzeitig gibt es auch fantastische Käse aus pasteurisierter Milch – es kommt auf die Qualität und Herstellung an.
Woran erkennen Sie guten Käse?
Der gute Geschmack beginnt auf der Weide: Artgerechte Haltung und gute Fütterung sind essenziell. Eine gestresste Kuh gibt keine gute Milch. Auch die handwerkliche Herstellung spielt eine große Rolle, denn Milch als Naturprodukt variiert täglich. Besonders schätze ich Käse aus geschlossenen Betriebskreisläufen, wo Milch, Fütterung und Produktion an einem Ort stattfinden. Das ergibt oft die besten Produkte.
Wie verkosten Sie Käse?
Wir beginnen mit milden Sorten und steigern uns zu intensiven, um alle Nuancen wahrzunehmen. Zwischendurch wird mit Wasser oder Brot neutralisiert. Ein Blauschimmelkäse zu Beginn würde alle anderen Geschmäcker überlagern, daher ist die Reihenfolge entscheidend.
Wie wird denn Käse, zum Beispiel Hartkäse, hergestellt?
Zunächst wird Milch mit Lab oder Milchsäurebakterien geronnen. Die entstandene Gallerte wird geschnitten, um den Käsebruch von der Molke zu trennen. Je kleiner die Bruchstücke, desto fester der Käse. Beim Hartkäse wird der Bruch weiter erhitzt (52 bis 57°C), um mehr Molke zu entziehen. Anschließend wird die Masse gepresst – mit viel Druck und über lange Zeit – dann ins Salzbad gelegt und mindestens drei Monate gereift. Ziel ist eine lange Haltbarkeit durch möglichst wenig Wassergehalt.
Und wie entstehen die Löcher im Käse?
Es gibt verschiedene Arten von Löchern, je nach Käsesorte und Herstellungsverfahren. Beim Emmentaler sorgen Propionsäurebakterien für die charakteristischen großen, runden Löcher. Diese Bakterien wandeln während der Reifung Milchsäure in Kohlendioxid um. Das entstehende Gas kann nicht entweichen, da der Käse bereits eine feste Rinde gebildet hat. Es sammelt sich in Hohlräumen und erzeugt so die typischen Löcher. Gouda hat meist kleine, unregelmäßige Gärlöcher. Diese entstehen durch eine langsame Fermentation während der Reifung. Beim Tilsiter entstehen sogenannte Schlitz- oder Bruchlöcher. Der Käsebruch wird in die Form gefüllt, aber nicht gepresst. Das Eigengewicht des Käses führt dazu, dass sich nicht alle Bruchstücke vollständig verbinden, wodurch längliche Schlitze oder unregelmäßige Hohlräume entstehen.
Ist Käse gesund?
Ja, besonders wegen seines hohen Calcium- und Proteingehalts. Beispielsweise enthält Hartkäse ca. 1 Gramm Calcium pro 100 Gramm. Das ist ideal für Knochen und Muskeln. Besonders Sportlerinnen und Sportler profitieren von Sauermilchkäse mit viel Protein und wenig Fett. Wie bei allem gilt: Die Menge macht’s!
Was bedeutet eigentlich „Fett in Trockenmasse“?
Es bezeichnet den Fettgehalt bezogen auf die Trockenmasse des Käses, nicht auf das gesamte Produkt. Der tatsächliche Fettgehalt ist oft niedriger. Ein Frischkäse mit 70 Prozent Fett in Trockenmasse hat absolut nur etwa 21 Prozent Fett, was viel weniger dramatisch klingt.
Was halten Sie von veganen Käse-Alternativen?
Ich habe einige probiert, war aber geschmacklich nicht überzeugt. Zudem sind sie oft stark verarbeitet. Aber am Ende gilt: Jeder sollte essen, was er mag.
Gibt es neue Trends?
Ja, die Kombination von Käse mit Bier, Whiskey oder Schokolade wird immer beliebter. Genuss rückt wieder mehr in den Fokus, was ich sehr begrüße. Die deutsche Esskultur könnte allerdings noch bewusster werden – daran arbeite ich gern mit!
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