Vegane Käsealternative aus dem Bioreaktor

„Wir wollen den klassischen Käse nicht verdrängen, sondern eine Alternative bieten“

- Das Biotechnologieunternehmen Formo hat den ersten tierfreien Käse auf den Markt gebracht, der aus Proteinen des Pilzes Koji hergestellt wird. In der aktuellen Folge von „ErnährungPlus“ sprechen wir mit Nachhaltigkeitsexperte Christian Poppe.
Vegane Käsealternativen angerichtet auf Brettchen

Vegane Käsealternativen angerichtet auf Brettchen

© Formo
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Warum braucht es eigentlich veganen Käse? Und muss Käse nicht aus Milch sein?

Die Nachfrage nach tierfreien Produkten wächst enorm. Gründe dafür sind Umweltaspekte, ethische Fragen rund um den Tierschutz und die Innovationsmöglichkeiten neuer Geschmacksprofile. Wir wollen aber den klassischen Käse nicht verdrängen, sondern für die Kunden eine Alternative bieten. Zur Frage, ob Käse aus Milch bestehen muss: Laut EU-Recht ist das so. Daher nutzen wir Begriffe wie „Käsealternative“ oder „tierfreier Käse“. Allerdings setzt sich der Begriff „veganer Käse“ im Sprachgebrauch durch, was unserer Auffassung nach auch in der Gesetzgebung berücksichtigt werden sollte.

Es gibt bereits vegane Käsealternativen aus Nüssen oder Hülsenfrüchten. Worin unterscheidet sich eure?

Unser Käse basiert auf Fermentation, einem natürlichen Prozess, den wir mit Mikroorganismen optimieren. Im Zentrum steht der Koji-Pilz, der in einem Fermentationsprozess hochfunktionale Proteine produziert. Diese verleihen dem Käse, eine Art Frischkäse, eine realistische Textur und einen Geschmack, der sich kaum von tierischem Käse unterscheidet.

Wir nutzen zwei Arten der Fermentation:

  1. Mikrofermentation – hier wird das natürliche Koji-Protein genutzt.
  2. Präzisionsfermentation – dabei wird ein Mikroorganismus so modifiziert, dass er Casein, das Hauptprotein in Milch, produziert. Diese Technologie würde es uns ermöglichen, langfristig Camembert oder Hartkäse wie Gouda herzustellen. Allerdings ist der Prozess in Europa noch nicht zugelassen, weshalb aktuell erst unsere Käsealternativen auf dem Markt sind, die mit Mikrofermentation hergestellt werden.

Wie lange dauert die Zulassung für Präzisionsfermentation?

Die EU reguliert solche neuen Lebensmittel bzw. Technologien unter der Novel-Food-Verordnung. Ein Zulassungsprozess dauert aktuell etwa 2,5 bis 3 Jahre, was für innovative Unternehmen eine Herausforderung darstellt. Wir arbeiten mit Behörden zusammen, um diese Prozesse effizienter zu gestalten, ohne die Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu gefährden.

Wie lange dauert die Produktion eurer Produkte?

Der Fermentationsprozess dauert nur drei bis vier Tage. Danach wird das Protein geerntet und in einem traditionellen Käseherstellungsprozess weiterverarbeitet. Je nach Sorte reift der Käse unterschiedlich lange – Frischkäse ist sofort essbar, gereifte Sorten brauchen mehrere Wochen.

Wie nachhaltig ist euer Produkt im Vergleich zu traditionellem Käse?

Unsere letzte Lebenszyklusanalyse der Frischkäsealternative zeigt:

  • 65 Prozent weniger CO₂-Emissionen
  • 83 Prozent weniger Landnutzung
  • 96 Prozent weniger Wasserverbrauch

Bei einem 150g Frischkäse sparen wir ein Kilogramm CO₂, elf Quadratmeter Land und 807 Liter Wasser. Unser Ziel ist es, eine schmackhafte und nachhaltige Alternative zu bieten.

Aber schmeckt euer veganer Käse auch wie das Original?

Ja. In Geschmackstests bestehen unsere Produkte im Vergleich zu tierischem Käse. Unser Ziel ist es, besser als die bestehende pflanzliche Alternativen zu sein und mit echtem Käse konkurrieren zu können.

Und wie sieht es mit der Nährstoffzusammensetzung aus?

Unser Käse enthält zwischen sieben und 12 g Protein pro 100 g – ähnlich wie tierischer Käse, aber deutlich mehr als die meisten pflanzlichen Alternativen. Fettgehalt und Geschmack sind ebenfalls vergleichbar. Allerdings enthält das Produkt kein Calcium.

Gibt es weitere Produktpläne?

Unser Fokus liegt auf tierfreien Käsealternativen, aber wir arbeiten auch an Alternativen zu Eiprodukten. Unser Ziel ist es, pflanzliche und fermentationsbasierte Produkte weiterzuentwickeln, um nachhaltige Proteinquellen für die wachsende Weltbevölkerung bereitzustellen.

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