Debatte über gesetzliche Spendenpflicht für Lebensmittel
In Deutschland werden jährlich etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet, wobei der Großteil (60 Prozent) in privaten Haushalten anfällt und nur sieben Prozent im Lebensmitteleinzelhandel. Dennoch sieht der Bürgerrat Ernährung hier eine Stellschraube, um Lebensmittelverluste zu vermeiden und hat deshalb in seinem Gutachten vorgeschlagen, dass Supermärkte unverkaufte, aber noch genießbare Lebensmittel verpflichtend an gemeinnützige Organisationen wie z. B. die Tafeln spenden sollen. Dieser Vorschlag wurde am 23. September auf Einladung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Fachgespräch „Verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel“ diskutiert, stieß jedoch auf geteilte Meinungen. Geladen waren Auskunftspersonen aus Verbänden, Wirtschaft, Forschung und Recht.
Tafeln würden mehr Spenden erhalten
Dr. Marie Mourad, Beraterin für Abfallvermeidung und Nachhaltigkeit, bewarb das Gesetz, das Supermärkten in Frankreich bereits seit 2016 verbietet, Lebensmittel wegzuwerfen und diese stattdessen zu spenden. „Dadurch haben die Tafeln deutlich mehr Spenden erhalten“, sagte Mourad. Auch Regina Treutwein, Bereichsleiterin Lebensmittelrettung und Logistik bei der Tafel Deutschland, begrüßte die Idee in vollem Maße. Jedoch müsse die Umsetzung in mehreren Schritten geschehen, als erstes müsse die Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln „rechtlich sicher“ sein.
Verpflichtung nicht notwendig
Andere Experten, u. a. Dr. Marcus Girnau, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands, betonten, dass viele Supermärkte bereits mit den Tafeln kooperieren und eine gesetzliche Verpflichtung deshalb nicht notwendig sei. „Die Lebensmittelhandelsunternehmen engagieren sich seit Jahren intensiv gegen Lebensmittelverschwendung“, so Girnau. Stattdessen seien steuerliche Erleichterungen, rechtliche Anpassungen und eine verbesserte Logistik für die Tafeln sinnvollere Maßnahme. Zusätzlich verwies Girnau auf den mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geschlossenen Pakt gegen Lebensmittelverschwendung. Diesen hatten im vergangenen Jahr 14 Unternehmen aus dem Lebensmittelhandel unterzeichnet. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Lebensmittelverschwendung in privaten Haushalten müsse stärker adressiert werden.
Fachgespräche im Überblick
Das Fachgespräch ist das dritte aus der Reihe der öffentlichen Veranstaltungen, die der Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft im Nachgang zu den Empfehlungen des Bürgerrates „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ veranstaltet hat. Am 13. Mai 2024 wurde bereits über kostenfreies Mittagessen in Schulen und Kitas gesprochen (https://www.bundestag.de/ausschuesse/a10_ernaehrung_landwirtschaft/veranstaltungen/1001618-1001618). Am 10. September 2024 über eine Altersgrenze für Energydrinks (https://www.bundestag.de/ausschuesse/a10_ernaehrung_landwirtschaft/veranstaltungen/1014634-1014634). Das Fachgespräch „Verpflichtende Weitergabe genießbarer Lebensmittel“ kann auf der Seite des Bundestags angeschaut werden: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a10_ernaehrung_landwirtschaft/veranstaltungen/1015342-1015342.