Immer mehr Rückrufe bei Lebensmitteln – Was ist dran?
Metallabrieb, nicht deklarierte Allergene oder Listerien in Lebensmitteln – angesichts aktueller Rückrufe könnte man meinen, unsere Lebensmittel seien unsicherer geworden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Weil immer mehr Parameter geprüft werden und Hersteller sowie Messmethoden sensibler geworden sind, wird mehr zurückgerufen als früher.
2019 mehr Rückrufe als im Vorjahr
Waren es im gesamten Jahr 2011 noch 25 Warnungen, die auf Lebensmittelwarnung.de veröffentlicht wurden, so waren es 2019 schon 236 – nahezu eine Verzehnfachung der Warnungen. Die meisten der Warnungen sind Informationen über Rückrufe von Lebensmittelprodukten. Und auch 2020 wurden bislang 146 Warnungen gezählt (Stand September 2020), aber das Jahr ist ja noch nicht vorbei.
Warum werden mehr Lebensmittel zurückgerufen?
Für die Steigerung gibt es viele vernünftige Gründe. Der wichtigste: Erzeuger, Hersteller und Handel nehmen ihre Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit ihrer Kunden ernst und melden im Zweifel lieber einmal zu viel, wenn von einem ihrer Produkte potenzielle Risiken ausgehen könnten. Die meisten Rückrufe werden durch Eigenkontrollen der Unternehmen selbst ausgelöst und gehen nicht unbedingt auf Beanstandungen von Behörden zurück.
Feinere Analysemethodik
Auch der technische Fortschritt bei der Analytik führt vermehrt zu Rückrufen: Denn durch immer bessere und feinere Analyse- und Testmethoden werden beispielsweise Rückstände oder Verunreinigungen selbst im minimalen Bereich detektiert. Zudem trägt die Absenkung von Rückstandshöchstmengen mit (zu) kurzen Übergangsfristen im europäischen Lebensmittelrecht dazu bei, dass es zu vermehrten Rückrufen bzw. Rücknahmen kommt.
Zielgenauere Rückrufe
Gleichzeitig können aufgrund der Digitalisierung und digitaler Technologien (z. B. Blockchain) sowohl Zutatenherkunft als auch Lieferwege von Produktchargen zunehmend besser nachvollzogen werden, so dass Rückrufe künftig – zumindest teilweise – wesentlich zielgenauer und schneller durchgeführt werden können.
Generell sind die Unternehmen in Bezug auf Rückrufe und Rücknahmen sowie deren Kommunikation sensibler geworden und reagieren schneller und vor allem auch begleitet von mehr Öffentlichkeitsarbeit. Parallel zur Abstimmung mit Behörden und Händlern wird die Öffentlichkeit informiert, etwa in Form von Pressemitteilungen, die innerhalb weniger Minuten in Onlinemedien und Social Media veröffentlicht werden und am Folgetag in den klassischen Print-Medien. Auch die Schaffung und der Ausbau des von den Bundesländern getragenen Portals Lebensmittelklarheit.de, das es seit 2011 gibt, trägt dazu bei, dass hier mehr Warnungen bundesweit verbreitet werden.
Hoher Standard der Lebensmittelsicherheit in Deutschland
Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität haben in Deutschland und Europa einen sehr hohen Standard erreicht. Das europäische und das nationale Lebensmittelrecht werden dennoch kontinuierlich überprüft und angepasst bzw. aktualisiert. Unterschiedliche Regulierungssysteme und andere Gesundheits- und Umweltschutzstandards bilden daher bei Importen aus Drittländern auch oftmals die Ursache für Beanstandungen und Rückrufe.
Mehr Informationen unter:
- Themen-Welt zur Lebensmittelsicherheit
- Lebensmittelwarnung.de: Auf dem vom BVL betriebenen bundesweiten Portal werden Rückrufe gesammelt und veröffentlicht.