Verbraucherinformationsgesetz sorgfältig evaluieren - Wirtschaftinteressen angemessen berücksichtigen
- Anlässlich der Evaluierung des Verbraucherinformationsgesetzes macht die Wirtschaft erneut deutlich, dass sie das Ziel einer sachgerechten Information der Verbraucher unterstützt. Neben der Beachtung der zahlreichen Regelungen zur Kennzeichnung und Verbraucherinformation bietet die Wirtschaft interessierten Verbrauchern in zunehmendem Maße auf freiwilliger Basis eine intensive Kundeninformation und -beratung (Telefon-Hotlines, Internetseiten, persönliche Kundenkontakte, Tage der offenen Tür) an, die vom Verbraucher stark genutzt wird.
Zugleich weist sie aber nochmals eindringlich darauf hin, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und im Extremfall die Existenz betroffener Unternehmen durch den Vollzug des Verbraucherinformationsgesetzes auch in Zukunft nicht gefährdet werden dürfen. Frühzeitige, ungesicherte Informationsoffenlegung, Fehlinterpretationen oder Panikmeldungen können für die Betroffenen unübersehbare wirtschaftliche Konsequenzen haben, d.h. zu Absatzeinbrüchen und Unternehmenskrisen bis hin zur Existenzgefährdung führen. Unternehmen oder Produkte dürfen daher nicht in ungerechtfertigter Weise an einen öffentlichen Pranger gestellt werden.
Es ist aus Sicht der Wirtschaft zwingend erforderlich, die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen der Evaluierung eingeholten wissenschaftlichen Forschungsarbeiten sorgfältig auszuwerten. Auch der Wirtschaft muss ausreichend Zeit zur inhaltlichen Prüfung und Kommentierung dieser wichtigen Evaluierungsgrundlage gegeben werden, bevor gesetzgeberische Konsequenzen ins Auge gefasst werden.
Ferner sind die folgenden Eckpunkte im Rahmen der Evaluierung zwingend zu berücksichtigen, um den unverzichtbaren angemessenen Ausgleich von Informationsinteressen der Verbraucher und legitimen Schutzinteressen der Unternehmen dauerhaft zu gewährleisten:
1. Missbrauch des Verbraucherinformationsgesetzes unterbinden
Die ersten eineinhalb Jahre waren geprägt von Anträgen einzelner Umwelt- und Verbraucherverbände, die die Reichweite des Informationszugangs durch umfassende Auskunftsanträge austesteten und dadurch die personellen Ressourcen der betroffenen Behörden und der anzuhörenden Unternehmen erheblich strapazierten. Mit kostenträchtigen Ausforschungs- oder Rundum-Anträgen ohne Konkretisierung oder Eingrenzung auf einen bestimmten Sachverhalt wollten sie sich einen Gesamtüberblick über das bei den Behörden vorhandene Wissen verschaffen und den behördlichen Datenpool für eigene Interessen abschöpfen. Solchen weder mit dem Bestimmtheitsgebot noch mit dem Gesetzeszweck zu vereinbarenden Pauschalanträgen muss künftig Einhalt geboten werden.
2. Keine Auskünfte über nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren
Ein nicht unerheblicher Teil behördlicher Ermittlungen erweist sich im Laufe eines Verfahrens als unbegründet. Die vorschnelle Offenlegung angeblicher Rechtsverstöße und damit der Inhalte nicht abgeschlossener Verwaltungsverfahren durch die Behörden kann für Unternehmen unumkehrbare sowie existenzgefährdende Konsequenzen haben. Der Schutz der Verbraucher im Falle einer akuten Gefährdung schützenswerter Verbraucherinteressen, die einer schnellen behördlichen Reaktion bedarf, wird ohnehin nicht durch das VIG, sondern durch die aktive Information der Gesamtöffentlichkeit durch die zuständige Behörde nach § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sichergestellt. Die bisherige Möglichkeit, in bestimmten Fällen bereits während laufender Verwaltungsverfahren anfragenden Verbrauchern Auskünfte zu erteilen, ist daher zu streichen.
3. Grundgesetzlich gewährleistete Verfahrensrechte beachten
Verfahrensrechte der Unternehmen in Verwaltungsverfahren wie das Recht auf Anhörung und Stellungnahme sind als elementare Bürgerrechte grundgesetzlich abgesichert und nicht nach politischem Gutdünken disponibel! Dies gilt auch für die Möglichkeit einer Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes vor einer tatsächlichen Informationsoffenlegung. Diese Rechte sind unteilbar und stehen auch Unternehmen zu. Sie sind daher auch künftig in vollem Umfang sicherzustellen.
4. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse umfassend schützen
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind von erheblicher Bedeutung für den Bestand und den Wert eines Unternehmens und genießen einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Ihr absoluter Schutz ist daher gerechtfertigt und vollumfänglich beizubehalten. Der Begriff selbst wird durch die ständige Rechtsprechung und Kommentierung zu § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ausreichend präzisiert. Die abschließende Entscheidung über das Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses obliegt der Behörde, nicht dem Unternehmen; die Bewertung der Behörde ist wiederum durch die Gerichte voll justiziabel.
5. Keinen gesetzlichen Informationsanspruch gegenüber Unternehmen
Schon aus Gründen des Wettbewerbs haben die Unternehmen ein hohes Interesse daran, die Wünsche der Verbraucher einschließlich ihres Informationsbedarfs bezüglich der angebotenen Produkte zu befriedigen. Dies gilt besonders für die von vielen Unternehmen angestrebte Marken- und Kundenbindung. Der Wettbewerb ist daher der wichtigste Garant für eine umfassende Information der Verbraucher. Dies wird durch die Kommunikationspraxis der Unternehmen bestätigt. Ein Informationsanspruch gegenüber Unternehmen wäre wegen des damit verbundenen hohen Aufwands gerade für kleine und mittlere Unternehmen nicht leistbar, würde eine Benachteiligung gegenüber ausländischen Anbietern bedeuten und den Initiativen der Bundesregierung zum Bürokratieabbau zuwider laufen.