Position des BLL zum Thema Lebensmittelsicherheit/ Lebensmittelüberwachung
- Nach den geltenden rechtlichen Vorgaben trägt die Lebensmittelwirtschaft zu Recht die primäre Verantwortung für die Sicherheit bzw. die gesundheitliche Unbedenklichkeit der von ihr produzierten/vermarkteten Lebensmittel. Die Primärverantwortung kann und soll ihr nicht von staatlicher Seite abgenommen werden. Die Lebensmittelwirtschaft setzt diese in der täglichen Unternehmenspraxis durch eine Vielzahl qualitätssichernder Maßnahmen um. Dabei werden die bestehenden Qualitätssicherungssysteme sowohl aufgrund stetig wachsender rechtlicher Anforderungen (bspw. Rückverfolgbarkeit; Herkunftssicherung; Allergenkennzeichnung; GVO-Einträge; neue Rückstandshöchstmengen; Hygienevorschriften) der Übernahme internationaler Standards (bspw. ISO 22000) sowie unternehmensinterner Vorgaben ständig überprüft und angepasst. Dies liegt im ureigenen Interesse der Unternehmen, da Nachlässigkeiten in diesem Bereich neben den straf- bzw. bußgeldrechtlichen Sanktionen erhebliche weitere Schadensfolgen für die Unternehmen nach sich ziehen (Kosten für Rücknahmen/Rückrufe; wirtschaftsinterne Haftungsansprüche; Auslistungen bei Handelspartnern; Imageschädigung in der Öffentlichkeit). Dennoch dürften auch im unternehmensinternen Bereich in individuell unterschiedlichem Maße vor allem bei integrierten Qualitätssicherungsmaßnahmen noch Verbesserungspotenziale liegen, bspw. bei Importen aus Drittländern und Bedarfsgegenständen.
Ergänzend zu den betrieblichen Eigenkontrollen unterstellen sich die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft zunehmend einer weiteren Kontrolle durch externe, unabhängige Auditoren auf der Grundlage privatrechtlicher Standards (Bsp.: Qualität & Sicherheit; IFS; BRC; GlobalGAP). Auch deren Anforderungskataloge werden kontinuierlich fortgeschrieben und an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst. Damit wird im Ergebnis eine zusätzliche Kontrollebene eingeführt, die neben der Kontrolle von spezifizierten Qualitätsanforderungen auch der Gewährleistung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Lebensmittel zugute kommt.
Darüber hinaus sind eine gut funktionierende, effizient arbeitende, anerkannte Amtliche Lebensmittelüberwachung und ein gemeinschaftsweit, d.h. auch bundesweit einheitlicher Vollzug des Lebensmittelrechts für die anbietende Wirtschaft wie für die Verbraucher unerlässlich.
Die Lebensmittelwirtschaft begrüßt das mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 verfolgte Regelungsziel einer Harmonisierung der Tätigkeiten der Kontrolldienste in vertikaler Hinsicht über die gesamte Lebensmittelkette wie auch horizontal über sämtliche Mitgliedstaaten und Behörden. Insbesondere die auch im Rahmen der nationalen Reformdiskussion immer wieder thematisierte Forderung, dass Überwachung zukünftig anhand dokumentierter Verfahren im Rahmen von Qualitätsmanagementsystemen – einschließlich der Auditierung dieser Systeme – erfolgen soll, wird aus Sicht der Lebensmittelwirtschaft eine begrüßenswerte Rationalisierung und Anpassung der nationalen Überwachungsabläufe zur Folge haben. Ferner wird sich die Amtliche Überwachung in sachgerechter Weise zu einer risikoorientierten Lebensmittelüberwachung entwickeln, d. h. Lebensmittelunternehmen können in Abhängigkeit von ihrer Größe, der Art ihrer Produkte, ihrer Vermarktungsstrategien, ihrer bisherigen Überwachungsergebnisse und Eigenleistungen im Rahmen betrieblicher Kontrollen eingestuft und entsprechend gestaffelt inspiziert werden. Dies schließt auch einen risikoorientierten Probenahmeschlüssel für Planproben und Lebensmittelmonitoring-Programme mit ein. Diese Vorgaben stellen überdies aus Sicht der Lebensmittelwirtschaft sinnvollere Instrumente zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit dar als die pauschale Erhöhung des Sanktionsrahmens.
Im Hinblick auf Verbesserungspotenziale im Bereich der Amtlichen Lebensmittelüberwachung müssen aus Sicht der Lebensmittelwirtschaft folgende Punkte im Vordergrund stehen:
- Konsequent risiko- und schwachstellenorientiertes Vorgehen bei Betriebsinspektionen sowie Probenahme / -analyse
- Verbesserte Abstimmung bei der Auslegung und Anwendung lebensmittelrechtlicher Vorschriften innerhalb der Bundesländer und länderübergreifend sowie zwischen Bund und Ländern
- Verbesserung der Kommunikation und Koordination zwischen den Bundesländern sowie Bund und Ländern bei länderübergreifenden Fällen (insbesondere in Krisenfällen)
- Institutionalisierung eines kontinuierlichen Meinungsaustausches zwischen Ländergremien (LAV / LÖK) und Lebensmittelwirtschaft (BLL), insbesondere über Auslegungs- und Vollzugsfragen
- Verbesserung der Personalqualifizierung durch verstärkte Aus- und Fortbildung in den Bereichen Lebensmittelrecht und Warenkunde (die Lebensmittelwirtschaft ist bereit, dazu einen unterstützenden Beitrag zu leisten)
Eine generelle Privatisierung bzw. Teilprivatisierung der Lebensmittelüberwachung wird dagegen aus Sicht der Lebensmittelwirtschaft abgelehnt.
Für weitere Informationen:
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL)
Dr. Marcus Girnau
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