Position/Stellungnahme

Fragen & Antworten: Überlegungen für die Praxis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu „Dönerspieß“ und daraus entstandenen Fragestellungen

- Am 14. Oktober 2020 verkündete das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) sein Urteil zur Frage der Rücknahmepflicht des Lebensmittelunternehmers für salmonellenkontaminierte Fleischdrehspieße. Im Streitfall handelte es sich um Fleischdrehspieße, die in tiefgefrorenem Zustand an Gastronomiebetriebe zur Erhitzung und Portionierung vor Ort abgegeben werden. Die Endprodukte zur Abgabe an Endverbraucher sind Döner Kebab.

Nach Auffassung der zuständigen Behörden sind bei Salmonellen-Befunden aufgrund mikrobiologischer Eigenkontrollen bezüglich Lebensmittelsicherheitskriterien marktbezogenen Reaktionen nach Art. 7 (2) der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005, wie Rücknahmen der betroffenen Chargen erforderlich, unabhängig von den Tatbestandsvoraussetzungen des Artikel 19 der Basis-Verordnung (EU) Nr. 178/2002 in Verbindung mit den Kriterien des Artikel 14 (3) a) und b) der Basis-Verordnung.

In erster Instanz bestätigte das Verwaltungsgericht Augsburg, dass der Betrieb nicht in jedem Fall und zwingend zur Rücknahme einer im Produktionsprozess beprobten und mit Salmonellenbefund betroffenen Charge verpflichtet ist.

Im Berufungsverfahren hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen, mit der Begründung, dass der Unionsgesetzgeber mit Einführung der Lebensmittelsicherheitskriterien eine Spezialregelung für die Einstufung eines Lebensmittels als sicher im Hinblick auf das Vorhandensein von pathogenen Mikroorganismen getroffen habe. Mit der Bezugnahme auf Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 werde nur auf die dort geregelte Rechtsfolge verwiesen.

Diese Auffassung bestätigte in der durch das klagende Unternehmen angestrebten Revision auch das Bundesverwaltungsgericht mit seinem letztinstanzlichen Urteil (3 C 10.19). Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 wird als eigenständige Spezialregelung für mikrobiologische Kriterien mit präventivem Ansatz gesehen, demzufolge die Überschreitung von Lebensmittelsicherheitskriterien alleinige Maßgabe ist für die Beurteilung der Verkehrsfähigkeit auf dem Markt und keine weiteren Prüfungen zum Gesundheitsschutz erfordere.

Das Bundesverwaltungsgericht fasst seine Ausführungen zum Urteil in zwei Leitsätzen zusammen:

  1. Die Untersuchung anhand eines Lebensmittelsicherheitskriteriums nach Anhang I Kapitel 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 – hier: Salmonellen – setzt nicht voraus, dass die Probe einem bereits in den Verkehr gebrachten Lebensmittel entnommen wurde. Zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheitskriterien muss der Lebensmittelunternehmer die von ihm hergestellten Erzeugnisse im abgabefertigen Zustand beproben.
  2. Ergibt die Untersuchung eine Überschreitung der festgelegten Grenzwerte, ist der Lebensmittelunternehmer zur Rücknahme der betroffenen Erzeugnisse verpflichtet. Einer zusätzlichen Prüfung, ob die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit aus Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfüllt sind, bedarf es nicht.

In einem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 4. Januar 2021 an die Wirtschaft wird auf die Leitsätze des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen und ergänzend darüberhinausgehende Schlussfolgerungen gezogen:

„Der Argumentation der Klägerin, Untersuchungsergebnisse, die auf während der Herstellung entnommen Proben beruhen, lieferten stets Prozesshygienekriterien, folgte das Bundesverwaltungsgericht nicht.

Artikel 7 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 ist somit im Sinne eines Rechtsfolgenverweises zu verstehen. Ein etwaiger Durcherhitzungshinweis auf dem Produkt kann deshalb den Lebensmittelunternehmer nicht von seiner Pflicht zur Rücknahme entbinden.

Lebensmittelunternehmen müssen dem Urteil zufolge ihr Hygienekonzept im Einklang mit den einschlägigen Regelungen und den Anweisungen der zuständigen Behörde gestalten (vgl. Urteil des BVerwG Rn. 12). Die Verpflichtung der Lebensmittelunternehmer aus Artikel 7 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 umfasst deshalb nicht nur die Durchführung einer Rücknahme bzw. eines Rückrufs im konkreten Einzelfall bei positivem Salmonellenbefund, sondern auch die Umsetzung dieses Vorgehens im HACCP-Konzept. Verstöße sind gemäß § 5 Absatz 2 Lebensmittelrechtliche Straf- und Bußgeldverordnung bußgeldbewehrt.“
(Schreiben an die Verbände der Wirtschaft, Dr. Mühlbauer, StMUV vom 4. Januar 2021)

Diese zusammenfassende und pauschalierende Bewertung des Urteils durch die Obersten Bayerischen Veterinärbehörden werfen für die Praxis der Lebensmittelunternehmen akute Fragen und Probleme auf. Der Lebensmittelverband Deutschland e. V. hat diese zum Gegenstand einer Diskussion im Benehmen mit dem Rechtsausschuss des Lebensmittelverbands gemacht.

Die hieraus formulierte Verbandsposition mit Antworten und Klarstellungen wird mit dem Ziel der einheitlichen Auslegung der Lebensmittelüberwachung der zuständigen Arbeitsgruppe Fleisch- und Geflügelfleischhygiene und fachspezifische Fragen von Lebensmitteln tierischer Herkunft der Länderarbeitsgemeinschaft gesundheitlicher Verbraucherschutz (AFFL) zugeleitet.

Es herrscht grundsätzlich Einigkeit, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick darauf, dass die Festlegungen zu Sicherheitskriterien in Anhang I Kapitel 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 als Rechtsfolgeverweisung zu verstehen sind, dass dies zu akzeptieren und der weiteren Befassung mit den Konsequenzen des Urteils zugrunde zu legen ist. Die vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) formulierten Schlussfolgerungen gehen jedoch über diese bloße Feststellung hinaus und engen für die Praxis der HACCP-Konzepte in den Lebensmittelunternehmen die erforderlichen Gestaltungsspielräume ein. Sie werden deshalb nachfolgend kommentiert.

I. Klarstellungen in direktem Zusammenhang mit dem Schreiben des StMUV

1. Müssen Lebensmittelunternehmer tatsächlich, wie im Schreiben des StMUV gefordert, Lebensmittel im abgabefertigen Zustand untersuchen?
Die im Schreiben vom StMUV aufgestellte Forderung, dass Lebensmittelunternehmer die von ihm hergestellten Produkte im abgabefertigen Zustand auf die Lebensmittelsicherheitskriterien untersuchen müssen, mag zwar vom Grundsatz her gelten, es ist aber zu bedenken, dass Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 weitreichende Flexibilisierungsmöglichkeiten vorsieht.

Gemäß Artikel 5 Absatz 3 gilt, dass die Anzahl der gemäß Probenahmeplänen in Anhang I der Verordnung zu ziehenden Probeeinheiten verringert werden kann, wenn der Unternehmer anhand zurückliegender Aufzeichnungen nachweisen kann, dass er über funktionierende HACCP-gestützte Verfahren verfügt.

Auch wenn die mikrobiologischen Kriterien für das abgabefertige Lebensmittel gelten, so bedeutet dies nicht, dass immer auch das abgabefertige Lebensmittel untersucht werden muss. In Anhang I Kapitel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 wird ausgeführt, dass die für die Untersuchung vorgegebene Mindestuntersuchungsfrequenz von Lebensmitteln, die unter die Kategorie 1.5 bzw. 1.6 des Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 fallen, in Abhängigkeit der zur Herstellung dieser Lebensmittel genutzten Fleischrohstoffe (z. B. bei Bestehen eines nationalen Salmonellen-Kontrollprogramm) reduziert werden kann. Das Ziel, dass möglichst keine salmonellenhaltigen Fleischzubereitungen in den Markt gelangen sollen, kann somit also gemäß den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 auch dadurch erreicht werden, dass bereits auf Rohstoffebene durch entsprechendes Monitoring bzw. Untersuchungen das Salmonellenrisiko gesenkt wird.

2. Geltung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur für die Lebensmittelkategorien 1.5 und 1.6, d. h. Produkte zum Verzehr in durcherhitztem Zustand?
Die Lebensmittelsicherheitskriterien werden teilweise für verzehrfertige Erzeugnisse und teilweise für solche Erzeugnisse beschrieben, die zum Verzehr im durcherhitzten Zustand bestimmt sind, aber im nicht durcherhitzten Zustand untersucht werden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes betrifft letztgenannte.

Die Kernthematik der Entscheidung, nämlich die Frage, ob es sich bei dem in der Regelung des Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 enthaltenen Verweis auf Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 um eine sogenannte Rechtsgrundverweisung (hierbei wären Durcherhitzungshinweise von Relevanz) oder eine sogenannte Rechtsfolgenverweisung (hierbei wären Durcherhitzungshinweise ohne Relevanz) handelt, stellte sich nur für solche Lebensmittelsicherheitskriterien, die für nicht verzehrfertige Erzeugnisse gelten, also für Erzeugnisse, die zum Verzehr im durcherhitzten Zustand bestimmt sind. Denn bei verzehrfertigen Erzeugnissen, die bestimmungsgemäß nicht mehr durcherhitzt werden, spielen Durcherhitzungshinweise im Sinne von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 keine Rolle.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes auf die Lebensmittelkategorien1.5 und 1.6 zu beziehen ist, bzw. auf diejenigen Lebensmittelsicherheitskriterien, die für Produkte gelten, die zum Verzehr im durcherhitzten Zustand bestimmt sind, aber im nicht im durcherhitzten Zustand untersucht werden.

Dies wird auch in Randnummer 28 der Entscheidung deutlich, mit der sich das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Differenzierung auseinandersetzt:

„Danach werden Fleischzubereitungen erfasst, die zum Verzehr in durcherhitztem Zustand bestimmt sind. Die Regelung geht also von einer nachfolgenden Durcherhitzung aus, verlangt aber gleichwohl Salmonellenfreiheit. Dieses Lebensmittelsicherheitskriterium gilt nach Spalte 6 für in Verkehr gebrachte Erzeugnisse – und damit auch bereits vor der Durcherhitzung – während der Haltbarkeitsdauer.“

Die Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichtes wird mit Blick auf die Lebensmittelsicherheitskriterien der Kategorie 1.5 und 1.6 nachvollziehbar, da es sich um Sicherheitskriterien handelt, die ohne Blick auf nachfolgende Verarbeitungsschritte bestimmte mikrobiologische Standards festschreiben. Hintergrund dieser Sicherheitskriterien ist offensichtlich die bei den betreffenden Produkten bestehende Intensität des nachfolgenden Zubereitungsprozesses, also der intensive Umgang mit den Produkten und die damit verbundene Gefahr von Kreuzkontaminationen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte vorliegend einen nicht durcherhitzten Fleischdrehspieß zu beurteilen, der ersichtlich nicht für Privathaushalte bestimmt ist, sondern für die Weiterverarbeitung im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung/Gastronomie/Imbiss. Es liegt nahe anzunehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auch die Besonderheiten dieses Produktes berücksichtigt hat, die u. a. darin liegen, dass die Erzeugnisse zur Verpflegung einer Vielzahl von Personen bestimmt sind, was im Falle eines unter mikrobiologischen Gesichtspunkten unsachgemäßen Umganges mit den Produkten zu einer weiten Streuung des Risikos der Gesundheitsgefährdung führt. Entsprechendes gilt für den Fall, dass aufgrund der Erzeugnisse in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung Kreuzkontaminationen verursacht werden.

Für Lebensmittelsicherheitskriterien, die sich auf verzehrfertige Produkte beziehen, ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hingegen ohne Neuerung, da sich bei diesen Sicherheitskriterien bzw. Produkten die Frage des Rechtsgrundverweises nicht stellt.

Die im Schreiben des StMUV an die Wirtschaft gerichteten Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes betonen die Pflicht der Lebensmittelunternehmer, das Hygienekonzept im Einklang mit den einschlägigen Regelungen und den Anweisungen der zuständigen Behörde zu gestalten. Nach Artikel 7 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 solle nicht nur die Durchführung einer Rücknahme bzw. eines Rückrufs im konkreten Einzelfall bei positivem Salmonellenbefund, sondern auch die Umsetzung dieses Vorgehens im HACCP-Konzept implementiert sein. Soweit HACCP-Konzepte jedoch die Herstellung verzehrfertiger Produkte betreffen, ergibt sich vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Notwendigkeit zur Anpassung der Konzepte.

II. Weitere im Zusammenhang mit dem Urteil aufgetretene Fragestellungen und Antworten:

1. Müssen grundsätzlich auf allen Stufen der Lebensmittelkette Untersuchungen gemäß der Verordnung (EG) 2073/2005 durchgeführt werden?
Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 gilt: „Die Lebensmittelunternehmer stellen sicher, dass Lebensmittel die in Anhang I zu dieser Verordnung aufgeführten entsprechenden mikrobiologischen Kriterien einhalten. Dazu treffen die Lebensmittelunternehmer Maßnahmen auf allen Stufen der Herstellung, der Verarbeitung und des Vertriebs von Lebensmitteln, einschließlich des Einzelhandels im Rahmen ihrer auf den HACCP-Grundsätzen beruhenden Verfahren und der Anwendung der guten Hygienepraxis, um zu gewährleisten, dass: a) die ihrer Kontrolle unterliegende Lieferung, Handhabung und Verarbeitung von Rohstoffen und Lebensmitteln so durchgeführt wird, dass die Prozesshygienekriterien eingehalten werden, b) die während der gesamten Haltbarkeitsdauer der Erzeugnisse geltenden Lebensmittelsicherheitskriterien unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen für Vertrieb, Lagerung und Verwendung eingehalten werden.“

Weiter gilt gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005: „Die Lebensmittelunternehmer haben, wo angemessen, bei der Validierung oder Überprüfung des ordnungsgemäßen Funktionierens ihrer HACCP-gestützten Verfahren oder anderer Hygienekontrollmaßnahmen Untersuchungen anhand der mikrobiologischen Kriterien gemäß Anhang I durchzuführen.“

Hieraus ergibt sich, dass nicht auf allen Stufen der Lebensmittelkette Untersuchungen gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 durchgeführt werden müssen. Vielmehr gilt, dass Lebensmittelunternehmer sicherstellen müssen, dass die in Anhang I aufgeführten mikrobiologischen Kriterien eingehalten werden. Um diese Anforderung umzusetzen, sind auf allen Stufen der Lebensmittelkette (Herstellung, Verarbeitung, Vertrieb (einschl. Einzelhandel)) im Rahmen des jeweiligen HACCP-Konzeptes Maßnahmen zu treffen.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels grundsätzlich Untersuchungen anhand der mikrobiologischen Kriterien gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 durchführen müssen. Dies ist unter Berücksichtigung des Artikels 4 der Verordnung dann erforderlich, wenn dies zur Validierung oder Überprüfung des ordnungsgemäßen Funktionierens ihrer HACCP-gestützten Verfahren oder anderer Hygienekontrollmaßnahmen angemessen ist.

Eine Validierung oder Überprüfung des ordnungsgemäßen Funktionierens der HACCP-gestützten Verfahren oder anderer Hygienekontrollmaßnahmen auf Einzelhandelsebene ist z. B. bei in Fertigpackungen bezogenem Fleischzubereitungen im Falle des mikrobiologischen Risikos „Salmonellen“ in der Regel jedoch gar nicht erforderlich bzw. möglich, da der Eintrag von Salmonellen in das Lebensmittel nicht auf Einzelhandelsebene erfolgt, sondern in vorgelagerten Stufen. Der Eintrag von Salmonellen in eine vorverpackt bezogene Fleischzubereitung ist somit kein Risiko, welches im Rahmen des HACCP-Konzeptes des Einzelhandelsunternehmens berücksichtigt werden kann, sodass Untersuchungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 zur Überprüfung des ordnungsgemäßen Funktionierens des HACCP-Konzeptes an dieser Stelle nicht sinnvoll und somit auch nicht angemessen sind.

Auf der 23. Sitzung der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz, Arbeitsgruppe Fleisch und Geflügelfleischhygiene und fachspezifische Fragen von Lebensmitteln tierischer Herkunft (AFFL) am 20. und 21. Mai 2014 wurden „Grundsätze der Überwachung der mikrobiologischen Eigenkontrollen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005" beschlossen. Darin heißt es:

„Der Lebensmittelunternehmer hat im Rahmen seiner Eigenkontrollverpflichtung zu prüfen und zu bewerten, in welchem Umfang mikrobiologische Eigenkontrollen durchzuführen sind.

Lebensmittelunternehmer haben mikrobiologische Eigenkontrollen gemäß Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel durchzuführen. Die Verpflichtung des Lebensmittelunternehmers dazu ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Artikel 4, Absatz 3, Buchstabe a).

Beim Inverkehrbringen von nicht selbst hergestellten Lebensmitteln in Fertigpackungen im Einzelhandel sind die Sorgfaltspflichten des Einzelhandelsunternehmers mit der Gewährleistung der Guten Hygienepraxis erfüllt."

Damit bestätigt die AFFL die hier vertretene Rechtsauffassung.

2. Muss mit Rücksicht auf das BVerwG-Urteil jeder Salmonellennachweis in Fleischzubereitungen auf Handelsebene oder im Rahmen von sonstigen Eigenkontrollen des Herstellers als Anlass für marktbezogene Maßnahmen gem. Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 gesehen werden?
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist die erste Voraussetzung für die Rücknahmepflicht des Lebensmittelunternehmers gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005, dass die Untersuchung anhand eines Lebensmittelsicherheitskriteriums nach Anhang I Kapitel 1 unbefriedigende Ergebnisse liefert (vgl. Rand-Nr. 10 des Urteils).

Bei Untersuchungen, die außerhalb des Probenplans der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 durchgeführt werden – z. B. bei Einlistungsuntersuchungen, Wareneingangsuntersuchungen, Untersuchungen von Zwischenprodukten und Untersuchungen zur Validierung oder Verifizierung der Haltbarkeitsdauer – ist Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 daher nicht einschlägig. Daraus folgt, dass in diesen Fällen bei Nachweis von pathogenen Keimen (einschließlich Salmonellen) zunächst eine Sicherheitsbewertung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfolgen muss. Ergibt die Prüfung gemäß Artikel 14, dass es sich um sicheres Lebensmittel handelt, so sind keine marktbezogenen Maßnahmen gemäß Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erforderlich.

In diesem Zusammenhang ist mit Blick auf die Ausführungen unter Rand-Nr. 25 des Urteils bzw. auf den dort in Bezug genommenen Erwägungsgrund 5 zur Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 hervorzuheben, dass der Nachweis von Salmonellen (oder anderen gem. Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 als Lebensmittelsicherheitskriterien definierten Mikroorganismen) in Lebensmitteln keinesfalls grundsätzlich als per se „inakzeptable Kontamination“ einzustufen ist.

Das geht bereits aus den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 selbst hervor, da hier z. B. Salmonellen bei Schlachttierkörpern (die zweifelsohne Lebensmittel darstellen) unter den Kategorien 2.1.3, 2.1.4 und 2.1.5 als Prozesshygienekriterium aufgeführt werden. Unter Berücksichtigung von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 ist bei Nachweis von Salmonellen auf Schlachtkörpern aber eine Rücknahme oder ein Rückruf gemäß Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht gefordert.

3. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Urteil für Produkte, die nicht in der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 erfasst sind, und für den Nachweis von Mikroorganismen in Lebensmitteln, die zu einer Lebensmittelkategorie der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 gehören, zu denen dort aber kein entsprechendes mikrobiologisches Kriterium definiert ist?
Die Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehen sich ausschließlich auf Sachverhalte im unmittelbaren Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005, vgl. bspw. Rn. 25 der Entscheidung, also auf Fallgestaltungen, die vollständig von der Verordnung erfasst sind und ausdrücklich dort beschrieben werden. Damit sollte eine Verallgemeinerung der vom Bundesveraltungsgericht gefassten Leitsätze auf thematisch scheinbar ähnlich gelagerte Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung nicht möglich sein.

Dies bedeutet konkret, dass Untersuchungen von Rohstoffen und Erzeugnissen, die in den Lebensmittelsicherheitskriterien nach der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 nicht geregelt sind, auch nicht den Mechanismen der Verordnung und in der Folge auch nicht den Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen. Diese Untersuchungen dienen schließlich nicht dem Nachweis, dass ein spezifisches Lebensmittelsicherheitskriterium erfüllt wird. Entsprechend kann eine solche Untersuchung auch nicht zu dem Ergebnis führen, dass ein spezifisches Lebensmittelsicherheitskriterium nicht erfüllt wird (kein „unbefriedigendes Ergebnis“ im Sinne der Verordnung).

Entsprechendes gilt, wenn ein untersuchtes Erzeugnis zwar unter eine in einem Lebensmittelsicherheitskriterium geregelte Lebensmittelkategorie fällt, jedoch ein für diese Lebensmittelkategorie nicht geregelter Mikroorganismus nachgewiesen wird; auch insoweit handelt es sich nicht um ein „unbefriedigendes Ergebnis“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005.