Mikroplastik in Lebensmitteln
- Nach eingehender Überprüfung der Sachlage ist für den BLL ein kausaler Zusammenhang zwischen potentiellen Mikropartikeln in einzelnen Lebensmitteln und durch Kosmetika oder Textilien freigesetzte Kunststoffpartikel nicht ersichtlich.
Verschiedene Medienberichte, Kampagnen von Umweltverbänden wie dem BUND sowie die Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben sich in jüngster Zeit mit dem Thema „Mikroplastik“ befasst. Dabei geht es um freigesetzte Kunststoff-Partikel in Form von Kügelchen, Fragmenten oder Fasern, kleiner als 5 mm, in die Umwelt.
Quelle solcher Partikel sind u. a. in den Binnen-Gewässern, den Meeren und über landwirtschaftliche Flächen ausgebrachte Kunststoffprodukte, die sich unter physikalischen und chemischen Einflüssen zersetzen. Ferner werden in verschiedenen Kosmetikprodukten wie Peelings oder Zahnpasten sowie in Reinigungsmitteln gezielt Partikel im Mikromaßstab eingesetzt, die natürlichen Ursprungs oder auf Kunststoffbasis hergestellt sein können. Laut Nichtregierungsorganisationen (NGOs) kann solches „Mikroplastik“ in Kläranlagen weder abgebaut noch vollständig herausgefiltert werden und verbreitet sich über Abwasser und Klärschlamm zunehmend in der Umwelt.
Es wird postuliert, dass dieses Mikroplastik über lebensmittelliefernde Tiere, über die maritime Nahrungskette oder über das Trinkwasser auch in die menschliche Nahrungskette gelangt und sich möglicherweise anreichert.
In diesem Zusammenhang weist der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) deutlich daraufhin, dass sich diese Thesen ausschließlich auf Aussagen des Meeresbiologen Prof. (emerit.) Gerd Liebezeit stützen, der sich wiederum einzig auf eigene Befunde beruft und Zusammenhänge zwischen Mikroplastik in der Umwelt und deren Auffinden in Lebensmitteln behauptet, wobei in seinen Befunden verschiedenste Aspekte (Kosmetika, Kunststoffabfälle, Textilprodukte) vermischt werden. Liebezeit hat mit einer „Haus-Methode“ histometrische Untersuchungen bei verschiedenen Lebensmitteln (Honig, Milch, Mineralwasser und Bier) vorgenommen und mit entsprechender Medienresonanz an die Öffentlichkeit gebracht.
Nach eingehender Überprüfung der Sachlage ist für den BLL ein kausaler Zusammenhang zwischen potentiellen Mikropartikeln in einzelnen Lebensmitteln und durch Kosmetika oder Textilien freigesetzte Kunststoffpartikel jedoch nicht ersichtlich. Es ist auszuschließen, dass Partikel aus Gewässern und Meeren ins Grundwasser und folglich über das Trinkwasser in die Lebensmittelverarbeitung bzw. Nahrungskette gelangen.
Die von Prof. Liebezeit angewandte „Detektions-Methode“ ist weder wissenschaftlich anerkannt noch validiert; ihre Anwendung erfolgt erkennbar nicht unter den erforderlichen wissenschaftlichen Bedingungen, um aussagekräftige und belastbare Befunde zu ermitteln. Methoden und Ergebnisse sind im Detail nicht offengelegt und werden durch Liebezeit nicht zugänglich gemacht. Alternativ wird Interessierten die kostenpflichtige (!) Untersuchung in seinem Labor bzw. Beratungsleistung angeboten.
Auch wurde weder von den NGOs noch von Liebezeit selbst die Frage der Zusammensetzung und Beschaffenheit angeblich in Lebensmitteln gefundener „millimetergroßer“ Mikropartikel untersucht. Eine solche Untersuchung wäre aber entscheidend für die Identifizierung der Quellen.
Eigene Analysen der betroffenen Produkte (Bier, Mineralwasser, Honig), durchgeführt von verschiedenen namhaften unabhängigen Untersuchungseinrichtungen, widersprechen zudem den Befunden von Liebezeit. U. a. ließen sich in den im Auftrag der Inverkehrbringer untersuchten Bieren in keinem einzigen Produkt „Mikroplastikfasern“ feststellen und insofern diese Behauptungen Liebezeits klar widerlegen. Honig enthält als unbehandeltes und unverändertes Naturprodukt neben Blütenpollen immer einen geringen Anteil an unlöslichen Bestandteilen. Eintragspfade hierfür könnten umwelt-, verarbeitungs- oder auch analysebedingt sein und wären näher zu untersuchen.
Es drängt sich auf, dass bei dieser Thematik offensichtlich von einschlägigen NGOs versucht wird, einen fiktiven Zusammenhang herzustellen zwischen der Meeres- und Umweltverschmutzung durch fehlgeleitete Entsorgung von Kunststoffprodukten verschiedenster Art und Herkunft auf der einen Seite und der Produktion von beliebten Lebensmitteln auf der anderen Seite. In einer für vermeintliche Lebensmittelskandale sensibilisierten Öffentlichkeit fallen solche Behauptung auf fruchtbaren Boden. Es ist deshalb das Anliegen der Lebensmittelwirtschaft, diese Debatte zu versachlichen, damit nicht weiterhin grundlos einzelne Produktgruppen mit haltlosen Testergebnissen diskreditiert werden. So ist auch nach Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) eine tatsächliche Relevanz für den gesundheitlichen Verbraucherschutz derzeit nicht erkennbar. Voraussetzung für eine wissenschaftliche Bewertung sind weitere Untersuchungen zu Vorkommen, Zusammensetzung und Quellen von Mikropartikeln sowie eine seriöse Expositionsabschätzung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sieht die Notwendigkeit der weiteren Klärung bezüglich Vorkommen und Ursachen von Mikroplastikteilchen in der Lebensmittelkette, insbesondere durch die Verwendung von Lebensmittelbedarfsgegenständen auf Kunststoffbasis. Derzeit wird zudem ein Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) bzw. des Umweltbundesamt (UBA) zu Mikroplastik geprüft und soll ggf. initiiert werden. Das Bayerische Umweltministerium hat bereits zwei Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben, um das Vorkommen und die möglichen Auswirkungen von Mikroplastik in der Umwelt auf die Ökosysteme der Binnen-Gewässer und auf die menschliche Gesundheit zu untersuchen.