Lebensmittelkontrollen: Lebensmittelsicherheit ist gewährleistet
- Mit Blick auf die aktuelle Diskussion rund um Lebensmittelkontrollen hat der Lebensmittelverband ein Thesenpapier mit den wichtigsten Aspekten aus Sicht der Lebensmittelwirtschaft aufgestellt.
Die Lebensmittelsicherheit hat in Deutschland und der Europäischen Union einen sehr hohen Standard erreicht. Dennoch bleiben Lebensmittelsicherheit und -qualität eine permanente Herausforderung für die Lebensmittelwirtschaft, aber auch die Wissenschaft, den Gesetzgeber und die Lebensmittelüberwachung. Der Lebensmittelverband Deutschland hat mit Blick auf die aktuelle Diskussion rund um Lebensmittelkontrollen und die Ausgestaltung der amtlichen Lebensmittelüberwachung ein Thesenpapier mit den wichtigsten Aspekten aus Sicht der Lebensmittelwirtschaft aufgestellt:
- Die Lebensmittelwirtschaft bekennt sich vollumfänglich zu der ihr obliegenden Hauptverantwortung für die Sicherheit bzw. gesundheitliche Unbedenklichkeit der Lebensmittel und setzt diese in der täglichen Praxis aktiv durch eine Vielzahl qualitätssichernder Maßnahmen um. So haben Lebensmittelunternehmer eigenverantwortlich im Wege der systematischen betrieblichen Eigenkontrollen zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht die Sicherheits- und Qualitätsanforderungen an Lebensmittel angemessen zu kontrollieren sowie die Rahmenbedingungen der Herstellung entsprechend zu beaufsichtigen.
- Ergänzend zu den betrieblichen Eigenkontrollen unterstellen sich die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft zunehmend einer weiteren Kontrolle durch externe, unabhängige Auditoren auf der Grundlage privatrechtlicher Standards (Bsp.: QS – Qualität und Sicherheit, IFS, BRC, GlobalGAP). Auch deren Anforderungskataloge werden kontinuierlich fortgeschrieben und an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst. Damit wird im Ergebnis eine zusätzliche Kontrollebene eingeführt, die neben der Kontrolle spezifizierter Qualitätsanforderungen auch der Gewährleistung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Lebensmittel zugutekommt. Gerade im Hinblick auf die vertrauensschädigende Wirkung von Lebensmittelskandalen oder Lebensmittelkrisen und der daraus resultierenden negativen Folgen für das eigene Marken- oder Firmenimage ist sich die Lebensmittelwirtschaft ihrer Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit bewusst und leistet zudem den ihr möglichen Beitrag bei der Bekämpfung von kriminellen Machenschaften, auch in Sachen Food Fraud.
- Die stichprobenweise Überprüfung der Maßnahmen der Eigenkontrolle und die Bewertung ihrer Wirksamkeit erfolgt dagegen völlig zurecht durch die staatliche Ebene und sind als ergänzende „Kontrolle der Kontrolle“ unverzichtbar. Die Herausforderungen im Rahmen des europäischen Binnenmarktes sowie des zunehmenden weltweiten Handels mit Lebensmitteln sind vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung und des Nachfrageverhaltens der Verbraucher in den letzten Jahren sogar noch deutlich gestiegen. Die amtliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert die Betriebe zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit heute nach einem risikoorientierten Ansatz. Manche Betriebe werden daher häufiger kontrolliert als andere. Dieser Ansatz, die amtliche Überwachung nicht zuletzt aufgrund der begrenzten personellen wie finanziellen Ressourcen risikoorientiert auszugestalten, d. h. Lebensmittelunternehmen in Abhängigkeit von ihrer Größe, der Art ihrer Produkte, ihrer Vermarktungsstrategien, ihrer bisherigen Überwachungsergebnisse und der Funktionsfähigkeit ihrer Eigenkontrollsysteme einzustufen und entsprechend in unterschiedlicher Häufigkeit zu inspizieren, ist nach wie vor richtig.
- Unabhängig davon sind eine hoch qualifizierte, effizient arbeitende und personell wie finanziell gut ausgestattete amtliche Lebensmittelüberwachung und ein bundes- sowie EU-weit einheitlicher Vollzug des Lebensmittelrechts auch für die Lebensmittelwirtschaft unerlässlich. Dies hat der Lebensmittelverband Deutschland (vormals BLL) seit vielen Jahren zusammen mit anderen Wirtschaftsverbänden und dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) immer betont. Dazu gehören auch eine angemessene Vernetzung und eine funktionierende IT-Infrastruktur zum Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Ebenen.
- Das derzeit zur Verfügung stehende Kontrollsystem auf Seiten der amtlichen Lebensmittelüberwachung mit primär zuständigen kommunalen Vorortbehörden und einer ergänzenden Einbindung interdisziplinärer, mit zusätzlichem Spezialwissen ausgestatteter Kontrollteams auf Landesebene ist von seiner organisatorischen Struktur grundsätzlich zur Aufgabenerfüllung geeignet, wenn die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auch tatsächlich wahrgenommen werden. Überlegungen einer Kompetenzverlagerung der Kontrollzuständigkeit für größere Betriebe „mit überregionalen oder globalen Handels- und Produktionsströmen“ weg von der kommunalen Ebene und hin zu neuen Landesbehörden müssen daher gewährleisten, dass die in der Praxis unverzichtbaren Produkt- wie Betriebskenntnisse des Kontrollpersonals erhalten bleiben. Diese sind unerlässlich, um fachlich richtige wie angemessene, d.h. verhältnismäßige, Entscheidungen bzw. Maßnahmen auf der Basis sämtlicher zu berücksichtigender Aspekte treffen zu können. Eine generelle Verlagerung der Kontrollzuständigkeit auf die Landesebene bringt gerade in großen Flächenländern aufgrund der Entfernungen nicht automatisch einen Mehrwert oder eine bessere behördliche Kontrolle. Aus diesem Grunde sollten zunächst die Erfahrungen, die mit der vor einiger Zeit in Bayern geschaffenen Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen gemacht werden, abgewartet und evaluiert werden.
- In jedem Falle erscheint eine Befähigung und Stärkung der Kapazitäten der amtlichen Lebensmittelüberwachung zur Durchführung der vorgesehenen Regelkontrollen in den Unternehmen vorrangiger als die Übertragung neuer zusätzlicher Aufgaben, die vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Vollzug noch weitere Kapazitäten erfordern.