Rückstände
Unter Rückständen werden Reste von Stoffen verstanden, die bewusst und zielgerichtet zur Produktion pflanzlicher oder tierischer Lebensmittel eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Pflanzenschutzmittel oder Tierarzneimittel.
Die entsprechenden Wirkstoffe und Mittel müssen vor ihrer Verwendung zugelassen werden, das heißt, die jeweilige Anwendung bei der Pflanze oder beim Tier muss erlaubt sein. Werden diese Stoffe oder deren Umwandlungsprodukte nach der Anwendung und einer vorgeschriebenen Wartezeit nicht vollständig abgebaut, können sie als Rückstände im Lebensmittel auftreten.
Die Höhe von Pflanzenschutzmittel- und Tierarzneimittelrückständen in Lebensmitteln bewegt sich in der Regel im µg/kg bis mg/kg-Bereich (1 µg = 0,001 mg; 1 mg = 0,001 g). Rückstände aus zugelassenen Anwendungen sind in Lebensmitteln in gewissen Grenzen (Rückstandshöchstgehalt) erlaubt. Rückstandshöchstgehalte werden so festgelegt, dass die Mittel nach guter fachlicher Praxis angewendet werden und die Rückstände für den Verbraucher sicher sind.
Pflanzenschutzmittelrückstände
Pflanzenschutzmittel dienen insbesondere dem Schutz von Kulturpflanzen vor Schaderregern und zur Sicherung des Ernteertrages in der Landwirtschaft. Bekämpft werden beispielsweise Schadinsekten (Insektizide), Schimmelpilze (Fungizide) und Unkräuter (Herbizide). Ziel ist die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte von hoher Qualität und großer Vielfalt zu akzeptablen Preisen. Für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gilt das notwendige Maß, das heißt, so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Auch im Bio-Anbau dürfen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, allerdings steht dort nur ein kleineres Spektrum an Wirkstoffen zur Verfügung. Ein gänzlicher Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kann neben einem geringeren Ertrag auch eine schlechtere Qualität der Erzeugnisse zur Folge haben.
Bevor Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen, muss zunächst der entsprechende Wirkstoff auf EU-Ebene zugelassen werden. Hierzu müssen umfangreiche Unterlagen eingereicht und von den Behörden geprüft werden. Nach Genehmigung des Wirkstoffs können Anträge auf Zulassung von Mitteln mit diesem Wirkstoff eingereicht werden. Die Zulassung der Mittel erfolgt auf nationaler Ebene. Zulassungsbehörde in Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die Zulassung eines Mittels beschränkt sich zumeist auf bestimmte Anwendungen (z.B. nur Kernobst oder nur Äpfel) und ist in der Regel mit Auflagen verknüpft. Damit soll der Sicherheit von Pflanzenschutzmitteln für den Landwirt, den Verbraucher und die Umwelt besser Rechnung getragen werden.
Auch bei guter landwirtschaftlicher Praxis können Pflanzenschutzmittelrückstände im Erntegut nicht immer vermieden werden. Dies gilt auch dann, wenn die vorgeschriebenen Wartezeiten zwischen Anwendung und Ernte eingehalten werden. Deshalb werden überwachte Feldversuche durchgeführt, mit denen ermittelt wird, welche Rückstände im Lebensmittel bei sachgemäßer Anwendung verbleiben. Diese Ergebnisse bilden die Grundlage für die Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte. Darüber hinaus wird geprüft, ob diese Gehalte für den Verbraucher sicher sind. Nur wenn dies der Fall ist, wird die Anwendung letztlich überhaupt erlaubt. Rückstandshöchstgehalte dienen also in erster Linie der Regelung der Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln. Eine geringfügige Überschreitung des Höchstgehalts bedeutet folglich in der Regel nicht, dass beim Verzehr eines solchen Lebensmittels gesundheitliche Probleme auftreten.
Höchstgehalte für Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln werden EU-weit festgesetzt. Die Harmonisierung der Rückstandshöchstgehalte erfolgte zum 1. September 2008; zuvor gab es unterschiedliche Vorschriften in den einzelnen EU-Ländern, was oft auch die Ursache für Höchstgehaltsüberschreitungen in Deutschland war. Für Ware aus Nicht-EU-Ländern gelten beim Import die Rückstandshöchstgehalte der EU.
In Deutschland beziehen sich die gemessenen Rückstandsgehalte in Obst und Gemüse und die zulässigen Höchstgehalte gewöhnlich auf das ganze Erzeugnis und nicht nur auf den essbaren Anteil. Bei Lebensmitteln, bei denen die Schale nicht mitverzehrt wird (Ananas, Banane, Melonen usw.), sind die Rückstandsgehalte im essbaren Anteil oft viel niedriger, als wenn das Lebensmittel als Ganzes untersucht wird. Gründliches Waschen von Obst und Gemüse trägt zudem dazu bei, Pflanzenschutzmittelrückstände, die sich auf der Oberfläche befinden, zu entfernen. Allerdings hilft diese Maßnahme nicht bei Stoffen, die von der Pflanze aufgenommen werden (systemische Mittel).
Für Bio-Lebensmittel gelten dieselben Rückstandshöchstgehalte wie für Lebensmittel aus konventioneller Erzeugung. Da aber bei Bio-Lebensmitteln keine sogenannten chemisch-synthetischen Wirkstoffe eingesetzt werden dürfen, gibt es bei Obst und Gemüse aus biologischem Anbau folglich deutlich weniger Rückstände chemischer Substanzen. Wenn also immer wieder hervorgehoben wird, dass Obst und Gemüse aus Bio-Anbau weniger Pflanzenschutzmittelrückstände aufweist, handelt sich eigentlich um eine „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“.
Tierarzneimittelrückstände
Landwirtschaftliche Nutztiere wie Rinder, Schweine oder Geflügel dürfen im Falle einer Erkrankung und soweit therapeutisch notwendig mit Tierarzneimitteln behandelt werden. Tierarzneimittel müssen vor ihrer Verwendung zugelassen werden; damit wird gewährleistet, dass ihre Anwendung beim Tier grundsätzlich erlaubt ist. Nach der Behandlung eines Tiers mit einem Tierarzneimittel ist eine Wartezeit einzuhalten, bevor das Tier geschlachtet werden darf oder Lebensmittel vom Tier gewonnen werden dürfen (z. B. Milch, Eier). Damit wird sichergestellt, dass das Tierarzneimittel Zeit hat, sich im Tier abzubauen.
Auch bei guter Praxis können allerdings bei bestimmten Wirkstoffen in gewissen Grenzen (Rückstandshöchstmenge) Rückstände von Wirkstoffen oder ihren Umwandlungsprodukten im Lebensmittel auftreten. Die Rückstandshöchstmengen werden für sogenannte „Zielgewebe“ festgesetzt (Muskel, Fett, innere Organe wie Leber und Nieren, aber auch Lebensmittel wie Milch, Eier und Honig). Sie gelten EU-weit. Wird ein Rückstand in einem Zielgewebe oder einer Tierart nachgewiesen, für die keine Rückstandshöchstmenge festgesetzt wurde, ist das Lebensmittel nicht verkehrsfähig. Hierbei gilt eine sogenannte „Nulltoleranz“; das heißt, selbst geringste nachgewiesene Spuren führen dazu, dass das Lebensmittel nicht verwendet werden darf. Eine typische Ursache von Höchstmengenüberschreitungen ist die Nicht-Einhaltung von vorgeschriebenen Wartezeiten.
Neben Tierarzneimittelwirkstoffen, deren Anwendung beim Tier grundsätzlich erlaubt ist, gibt es auch Stoffe, deren Anwendung in der EU gänzlich verboten ist. Für verbotene Stoffe gilt ebenfalls eine „Nulltoleranz“ (s. o.). Dazu gehören Substanzen wie Chloramphenicol und Nitrofurane. Darüber hinaus ist auch der Einsatz von Hormonen als Wachstumsförderer in der EU verboten.