Optimierung der Kommunikation – Lebensmittelwirtschaft im Dialog
Bonn, - Anlässlich des traditionellen Neujahrsempfangs in Bonn hat der Präsident des Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL), Dr. Werner Wolf, in seiner Ansprache die Position der Lebensmittelwirtschaft in der Diskussion um Verbrau-cheraufklärung und -kommunikation in den Mittelpunkt gestellt. Dabei erneuerte er zum Einen die Kritik an aktuellen politischen Projekten wie Klarheit und Wahrheit und sprach sich zum Anderen eindeutig gegen mögliche staatliche Interventionen wie Sondersteuern aus, die die Verbraucher lediglich bevormunden würden.
„Weiterhin prominent in der Diskussion um das Thema Verbraucherinformation steht die steuerfinanzierte Internetplattform Lebensmittelklarheit.de“, betonte Wolf. Dieses Portal böte mit seiner Fülle von Informationen über Lebensmittel und Lebensmittelkennzeichnung eigentlich eine Chance zur besseren Verbraucheraufklärung. Es sei jedoch zu bedauern, dass hier einzelne Marken oder Produkte, die zu 100 Prozent dem geltenden Lebensmittelrecht entsprechen, nach wie vor unter den Verdacht einer Täuschung gestellt werden. „Es macht einen Unterschied, ob der Verbraucher durch eine Produktaufmachung in illegaler Weise getäuscht wird oder ein gekauftes, völlig rechtskonformes Lebensmittel seine individuellen Vorstellungen enttäuscht“, stellte der BLL-Präsident fest. Gleichzeitig bot er aber der Politik den Dialog über streitige kennzeichnungsrechtliche Fragestellungen an.
Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Einführung der sog. Hygieneampel verdeutlichte Dr. Wolf erneut die Position der Wirtschaft: „In der derzeit geplanten Form beinhaltet diese eine fortdauernde prangerähnliche Wirkung, insbesondere wenn Mängel unverzüglich beseitigt worden sind.“ Die angestrebte Vergleichbarkeit der Betriebe verlange aussagekräftige Ergebnisse und damit zwangsläufig eine höhere Dichte bzw. Frequenz der amtlichen Kontrollen.
Die Herausforderungen der angemessenen Verbraucheraufklärung beschränken sich aber nicht allein auf Bundesebene. So bedarf es bei der Herkunftskennzeichnung auf Ebene der Europäischen Union angemessener Folgenabschätzungen: „Verpflichtungen machen nur dann Sinn, wenn sie praktikabel sind und zu sinnvollen Informationen für den Verbraucher führen. Hier muss insgesamt nachhaltig geprüft werden, was Verpflichtung werden kann oder muss und was freiwillige Angabe bleiben darf,“ mahnte Dr. Wolf.
Daneben lag dem BLL-Präsidenten ein weiteres Thema sehr am Herzen: „Das Leitbild des aufgeklärten und informierten Verbrauchers ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt.“ Damit reagierte er auf die Diskussion über staatliche Intervention im Lebensmittelbereich. Der Tendenz der Rückkehr zum Bild des Verbrauchers, dem nichts zuzutrauen und zuzumuten ist, müsse entgegengetreten werden. Mit dem Argument „Kampf gegen Übergewicht“ würden bei zusätzlicher Besteuerung auf Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt entscheidende Faktoren wie Bewegungsmangel unterschlagen. „Aus unserer Sicht bedeutet eine derartige Politik eigentlich nur die Diskriminierung von Lebensmitteln und die zusätzliche finanzielle Belastung insbesondere des sozial schwächeren Teils unserer Gesellschaft.“ Dr. Werner Wolf plädierte stattdessen für gemeinsame Maßnahmen zur bestmöglichen Verbraucherinformation und -bildung.
Die hessische Staatsministerin und diesjährige Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK), Lucia Puttrich, verdeutlichte in ihrem Vortrag das Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz auf der einen Seite und Wahrung der Wirtschaftsinteressen auf der anderen Seite. Dabei sprach sie auch die Rolle der Medien an: „Wenn man sich manche Medienberichte anschaut, könnte man meinen, unsere Lebensmittel sind so unsicher wie noch nie. Aber das entspricht nicht der Realität. So erhielten wir in Hessen im letzten Jahr trotz einer risikobezogenen Probenziehung lediglich 0,3 Prozent gesundheitsgefährdende Ergebnisse.“ Einen großen Anteil an dieser hohen Sicherheit haben auch die Unternehmen durch ihre Eigenkontrollmaßnahmen. Aber auch die Plattform Lebensmittelwarnung.de habe zum hohen Sicherheitsstandard beigetragen.
Weiterhin stellte Lucia Puttrich die Schwerpunkte der VSMK in diesem Jahr vor. So wird man beim Paragraph 40 1a LFGB weitere Erfahrungen sammeln müssen, weil dieser in den Bundesländern unterschiedlich angewendet wird. „Dieser Flickenteppich unterschiedlicher Verhältnisse darf nicht sein“, so Puttrich. Auch die Herkunftskennzeichnung werde ein Thema sein, denn genau wie der Verbraucher fragte sich auch Frau Puttrich, warum bei frischen Gemüse die Herkunft angegeben werde und bei tiefgefrorenem nicht. Die Herkunftskennzeichnung würde zum Sicherheitsgefühl der Verbraucher beitragen. „Die Menschen wollen wissen, wo und wie produziert wird“, erklärte Puttrich und sprach damit auch das Thema Produktionsweisen und -bedingungen an. „Die Menschen bevorzugen regionale Produkte und da ist z. B. das Regionalfenster eine einfache Form Regionalität zu zeigen“. Schließlich merkte die Staatsministerin an, dass Lebensmittelklarheit ein gutes Portal sei und mahnte, ob man sich denn als Hersteller zwingend am Rande dessen bewegen müsse, was möglich sei? Lucia Puttrich schloss ihren Vortrag mit der Forderung nach einem einheitlichen Kontrollbarometer für alle Bundesländer – auch in Bezug auf die von allen Seiten viel gepriesene Transparenz. Zur Transparenz gehöre auch die Nennung von „schwarzen Schafen“.
Im Rahmen des Neujahrempfangs wurde zudem der langjährige Hauptgeschäftsführer Professor Dr. Matthias Horst feierlich verabschiedet. Zu diesem Anlass haben die Repräsentanten von vier bedeutenden Institutionen – Dr. Robert Kloos, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Dr. Helmut Tschiersky-Schöneburg, Präsident des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstitut für Risikobewertung sowie Gerd Billen, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. – die wichtige Arbeit von Horst gewürdigt und dabei vor allem seine Fachkompetenz, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit herausgestellt.
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL)
Der BLL ist der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft. Ihm gehören ca. 500 Verbände und Unternehmen der gesamten Lebensmittelkette – Industrie, Handel, Handwerk, Landwirtschaft und angrenzende Gebiete – sowie zahlreiche Einzelmitglieder an.
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BLL-Pressemitteilung (2013-01-11): Optimierung der Kommunikation – Lebensmittelwirtschaft im Dialog (PDF)