ANUGA: BLL-Forum „Health Claims – Anfang vom Ende der Lebensmittelwerbung?“
Bonn, - Für Zündstoff hat die Kommission mit ihrem im Juli diesen Jahres vorgelegten Verordnungsvorschlag zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel (Claims) gesorgt. Sollen Angaben wie „Haribo macht Kinder froh!“, „Obst ist gesund“ oder „Stärkt Ihre Abwehrkräfte“ zukünftig verboten sein? Soll es Hustenbonbons oder Magenbitter nicht mehr geben, weil ihre Wirkungen wissenschaftlich nicht hinreichend belegt sind oder sie zu allgemein formuliert sind? Soll es bestimmte Lebensmittel, wie etwa mit Vitaminen angereicherte Bonbons gar nicht mehr geben dürfen, weil diese Erzeugnisse mangels passenden „Nährwertprofils“ zukünftig weder mit Vitaminen angereichert werden noch als vitaminreich bezeichnet werden dürfen? Bedeutet der Verordnungsvorschlag der Kommission gar das Ende der der Kommunikationsfreiheit und Werbung für Lebensmittel?
Diese und viele weitere Fragen wurden anlässlich des vom Bund für Lebensmitterecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL) am 13. Okt. 2003 durchgeführten Forums zu Claims streitig diskutiert. Mit Angela Bardenhewer aus dem Kabinett von Kommissar Byrne, Dr. Walter Töpner vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL), Beate Kettlitz vom Europäischen Verbraucherverband (BEUC), Ulf Doepner von der deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz (GRUR), Manfred Parteina als Vertreter der Deutschen Werbewirtschaft und Prof. Dr. Matthias Horst als Vertreter der deutschen Lebensmittelwirtschaft war das Podium mit Vertretern aller interessierten und betroffenen Kreise prominent besetzt.
Nicht alle Fragen konnten beantwortet, nicht alle Befuerchtungen der Lebensmittelwirtschaft konnten zerstreut werden. Im Gegenteil, einige Ansaetze des Kommissionsvorschlages wie die umstrittenen Naehrwertprofile, deren Ausgestaltung noch voellig offen ist, deren Erfuellung aber Voraussetzung jeder naehrwert- oder gesundheitsbezogenen Angabe sein soll, und auch das Verbot von Angaben zu Wirkungen und Vorteilen von Lebensmitteln auf die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden sind unveraendert Anlass zu großer Besorgnis und Unsicherheit über Inhalt und Bedeutung des Kommissionsvorschlags.
„Wir müssen die offenen Fragen klären und an gemeinsamen Lösungen arbeiten, wenn das Ziel der Harmonisierung des Rechts der nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel erreicht werden soll“, stellte dann auch Prof. Dr. Matthias Horst im Namen der deutschen Lebensmittelwirtschaft fest. „Unklare Konzepte wie das der „Nährwertprofile“ können aber die Zustimmung der Lebensmittelwirtschaft ebenso wenig finden wie Verbote zutreffender und wissenschaftlich begründeter Angaben, die auf der Grundlage gesundheitspolitischer Überzeugungen formuliert worden sind.“
Die Diskussion hat gezeigt: Der Verordnungsvorschlag mag nicht das Ende der Lebensmittelwerbung sein aber der von der Kommission gewählte gesetzgeberische Ansatz, der pauschal alle nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben verbietet, die nicht ausdrücklich und im Wortlaut genehmigt worden sind, bedeutet auf jeden Fall eine erhebliche Beschränkung der Kommunikations- und Werbefreiheit der Unternehmen. Ob und in welcher Form dieser Ansatz die Zustimmung der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments finden kann, wird die Debatte der kommenden Wochen und Monate zeigen.