Fragen und Antworten zu MCPD- und Glycidylfettsäureestern sowie freiem MCPD
Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu MCPD- und Glycidylfettsäureestern sowie freiem MCPD.
Das Wichtigste in Kürze
- MCPD-Fettsäureester, Glycidyl-Fettsäureester und freies MCPD sind in Lebensmitteln unerwünschte Stoffe.
- MCPD-Fettsäureester und Glycidyl-Fettsäureester entstehen unbeabsichtigt bei der Raffination von Fetten und Ölen und können somit in allen raffinierten Fetten und Ölen und allen Lebensmitteln enthalten sein, die raffinierte pflanzliche Fette und Öle als Zutat enthalten. Ca. 95 Prozent der pflanzlichen Fette und Öle werden raffiniert.
- MCPD-Fettsäureester sind aus toxikologischer Sicht wie freies MCPD zu bewerten. Glycidyl-Fettsäureester sind wie die freie Verbindung Glycidol zu bewerten.
- Freies 3-MCPD und 2-MCPD entstehen unbeabsichtigt als Folge einer Säurebehandlung und/oder von starken Erhitzungsprozessen wie Toasten oder Räuchern. Seit 2001 gibt es auf europäischer Ebene einen toxikologischen Referenzwert für freies 3-MCPD, der die maximal tolerierbare tägliche Aufnahmemenge beschreibt (2 µg pro kg Körpergewicht). Dieser Wert wurde von EFSA in ihrer Risikobewertung vom Mai 2016 absenkt, aber im Januar 2018 wieder auf den ursprünglichen Wert festgesetzt (http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/5083). Der TDI gilt seit Mai 2016 für die Summe aus 3-MCPD-Fettsäureestern und freiem 3-MCPD. Für 2-MCPD existiert bislang kein toxikologischer Referenzwert.
- Die EFSA hat in ihrer Risikobewertung vom Mai 2016 (http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/4426) bestätigt, dass es sich bei Glycidol, der freien Verbindung der Glycidyl-Fettsäureester, um ein genotoxisches Karzinogen handelt.
- Bereits im Jahre 2007 hatte das BfR mögliche gesundheitliche Bedenken geäußert und gefordert, dass die Gehalte an 3-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern in pflanzlichen Fetten und Ölen sowie in den Lebensmitteln, in denen diese als Zutat eingesetzt werden, reduziert werden sollten.
- Die Lebensmittelwirtschaft ist sich ihrer hohen Verantwortung für die Sicherheit von Lebensmitteln bewusst und hat deshalb bereits unverzüglich nach dem Bekanntwerden der vom BfR geäußerten möglichen gesundheitlichen Bedenken (Dezember 2007) gehandelt.
- Es wurden zwei umfassende Forschungsprojekte gestartet, um die Bildungswege zu ermitteln und mögliche Minimierungsstrategien zu entwickeln. Die Ergebnisse aus Forschung und Praxis, mit denen die Gehalte an 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in Lebensmitteln gesenkt werden können, wurden in einer Toolbox zusammengestellt. Damit werden den Anwendern Werkzeuge zur Reduzierung der Gehalte an 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäurestern in ihren Produkten an die Hand gegeben.
- Die Risikobewertungen der EFSA zeigen, dass die Anstrengungen zur Minimie-rung der MCPD-Fettsäureester und Glycidyl-Fettsäureester fortgeführt werden müssen. Gleichzeitig hat die EFSA anerkannt, dass die Gehalte der Glycidyl-Fettsäureester in pflanzlichen Fetten und Ölen sich seit 2010 halbiert haben und die Belastung der Verbraucher dadurch seitdem erheblich gesunken ist.
- Nach wie vor stellt die Analytik von 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäurestern die Lebensmittelwirtschaft vor große Herausforderungen. Während für die 3-MCPD-Fettsäureester und Glycidyl-Fettsäureester in pflanzlichen Fetten und Ölen inzwischen international validierte Verfahren existieren, wird noch immer an der Weiterentwicklung einer Analysenmethode für verarbeitete Lebensmittel, die raffinierte pflanzliche Fette und Öle als Zutat enthalten, gearbeitet.
- Seit dem 19. März 2018 gelten Höchstgehalte für Glycidyl-Fettsäureester in pflanzlichen Fetten & Ölen und in Säuglingsanfangs- und Folgenahrungen. Die Höchstgehaltsregelungen sollen aktuell um Fischöle erweitert werden.
- Im Oktober 2018 wurde von der EU-Kommission ein erster Verordnungsvor-schlag für Höchstgehalte für 3-MCPD-Fettsäureester in pflanzlichen Fetten & Ölen, Fischölen und in Säuglingsanfangs- und Folgenahrungen vorgelegt. Das Vorhaben ist noch nicht abgeschlossen.
3-MCPD
3-Monochlorpropan1,2-diol (3-MCPD), das vielfach auch als „freies 3-MCPD“ bezeichnet wird, gehört zur Substanzklasse der Chlorpropanole und ist aus dieser Gruppe der Vertreter, der am häufigsten in Lebensmitteln gefunden wird. 3-MCPD entsteht unbeabsichtigt bei der Verarbeitung von Lebensmitteln und ist eine sog. Prozesskontaminante. Es wurde zunächst in hydrolysiertem Pflanzeneiweiß und Sojasauce nachgewiesen. Spätere Untersuchungen haben gezeigt, dass 3-MCPD in einer Vielzahl verschiedener Lebensmittel und Lebensmittelzutaten als Folge einer Säurebehandlung und/oder von starken Erhitzungsprozessen – wie z.B. beim Toasten oder Räuchern – gebildet werden kann.
Die Vorläuferorganisation der EFSA, das Scientific Committee on Food (SCF), hat im Jahre 2001 für freies 3-MCPD eine maximal tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 2 μg/kg Körpergewicht festgesetzt. Der TDI beschreibt die Menge eines Stoffes, die ein Leben lang täglich aufgenommen werden kann, ohne dass sich daraus negative Folgen für die menschliche Gesundheit ergeben. Für 3-MCPD in hydrolysiertem Pflanzeneiweiß und Sojasauce wurden darüber hinaus auf europäischer Ebene Höchstgehalte festgelegt (Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19.Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln, aktuelle Fassung). In 2013 wurde freies 3-MCPD von der IARC als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ (Kategorie 2 B) eingestuft. Die EFSA hatte den TDI in ihrer Risikobewertung vom Mai 2016 auf 0,8 µg/kg Körpergewicht abgesenkt. Da die Risikobewertungsbehörde der WHO/FAO (JECFA) den TDI aber wenig später auf 4 µg pro kg Körpergewicht angehoben hat, wurden die Berechnungen von der EFSA nochmals überprüft und der TDI im Januar 2018 von der EFSA wieder auf den ursprünglichen Wert von 2 µg pro kg Körpergewicht festgelegt. Der TDI gilt für die Summe aus 3-MCPD-Fettsäureestern und freier Verbindung.
2-MCPD
Der Kenntnisstand zu freiem 2-MCPD ist relativ gering. Es wird davon ausgegangen, dass sich freies 2-MCPD bei denselben Prozessen bildet wie freies 3-MCPD, allerdings in geringeren Mengen als 3-MCPD.
Die vorliegenden toxikologischen Daten reichen derzeit nicht aus, um eine Bewertung durchführen zu können. Studien haben allerdings ergeben, dass 2-MCPD im Tierversuch - anders als 3-MCPD - keine Nierentoxizität zeigt. Somit ist davon auszugehen, dass die toxikologischen Eigenschaften von freiem 2-MCPD und freiem 3-MCPD nicht vergleichbar sind.
3-MCPD-Fettsäureester
Zunächst ist festzuhalten, dass zwischen der seit langem bekannten Prozesskontaminante „freies 3-MCPD“ und den 3-MCPD-Fettsäurestern, die sich vermutlich aus Fettbestandteilen und einer Chlorquelle (z. B. Kochsalz) bilden, grundsätzlich unterschieden werden muss. 3-MCPD-Fettsäurester, die verschiedentlich auch als „gebundenes 3-MCPD“ bezeichnet werden, wurden erstmals 2006 in pflanzlichen Speisefetten und -ölen nachgewiesen. Sie waren zuvor unbekannt. Relativ schnell konnte festgestellt werden, dass sich 3-MCPD-Fettsäureester bei der Raffination pflanzlicher Fette und Öle bilden. Inzwischen ist bekannt, dass sich 3-MCPD-Fettsäureester auch bei der Raffination von Fischölen bilden. Die Raffination ist ein wichtiger Veredelungsprozess und dient dazu, Fette und Öle überhaupt erst genusstauglich zu machen. Durch den Raffinationsprozess werden unerwünschte Geruchs- und Geschmacksstoffe sowie verschiedene Rückstände und Kontaminanten entfernt. Ca. 95 Prozent der pflanzlichen Fette und Öle werden daher raffiniert. Die Raffination besteht aus verschiedenen Schritten und beinhaltet Erhitzungsprozesse wie z. B. die Desodorierung. Diese Erhitzungsprozesse sind eine Voraussetzung für die Bildung von 3-MCPD-Fettsäurestern. Fette und Öle, die nicht thermisch behandelt werden, enthalten keine 3-MCPD-Fettsäureester. Da Palmöl das höchste Bildungspotential für die 3-MCPD-Fettsäureester aufweist, wurden die höchsten Gehalte auch in Palmöl nachgewiesen. Inzwischen ist Palmöl allerdings das am besten erforschte pflanzliche Speiseöl, und es stehen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, mit denen Palmöle mit niedrigeren Gehalten an 3-MCPD-Fettsäureestern hergestellt werden können. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Daten zu Gehalten an 3-MCPD-Fettsäurestern insbesondere in pflanzlichen Fetten und Ölen veröffentlicht worden. Sämtliche Lebensmittel, die raffinierte Speisefette und -öle als Zutat enthalten, können ebenfalls 3-MCPD-Fettsäureester enthalten (z. B. Margarine, Backwaren, Säuglingsnahrungen). Die Gehalte an 3-MCPD-Fettsäureestern, die in den verwendeten Fetten und Ölen gemessen werden, finden sich in den Lebensmitteln wieder, in denen diese Fette und Öle als Zutat eingesetzt werden. Es handelt sich hierbei also um einen „exogenen“ Eintrag durch das verwendete Fett oder Öl. Neuere Erkenntnisse weisen allerdings darauf hin, dass es unter bestimmten Bedingungen (Grillen, Braten, Frittieren) bei bestimmten tierischen Lebensmitteln (z. B. Fisch, Fleisch) auch zu einer Neubildung von 3-MCPD-Fettsäureestern während der Verarbeitung oder der Zubereitung zu Hause kommen kann (sog. „endogene Bildung“). Dies ist Gegenstand laufender Forschungsarbeiten. Bei pflanzlichen Lebensmitteln wurde bislang keine Neubildung von 3-MCPD-Fettsäureestern während der Verarbeitung oder Zubereitung beobachtet.
Studien haben gezeigt, dass 3-MCPD-Fettsäureester im Organismus gespalten werden und dadurch das freie 3-MCPD nahezu vollständig freigesetzt wird. So hat beispielsweise die Universität von Parma im Auftrag der EFSA die Toxizität von freiem 3-MCPD im Vergleich zu seinen Estern untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ca. 70 Prozent des untersuchten Esters 3-MCPD-di-palmitat als freies 3-MCPD über den Urin ausgeschieden wird. Nach Auffassung der Risikobewertungsbehörden BfR und EFSA sollten die 3-MCPD-Fettsäureester aus toxikologischer Sicht daher wie freies 3-MCPD bewertet werden.
2-MCPD-Fettsäureester
2-MCPD-Fettsäurrester entstehen bei denselben Prozessen wie die 3-MCPD-Fettsäurester, also vorzugsweise bei der Raffination von Fetten und Ölen. Sie werden allerdings in geringeren Mengen als die 3-MCPD-Fettsäureester gebildet (Verhältnis ca. 1:2). Sämtliche Lebensmittel, die raffinierte Speisefette und -öle als Zutat enthalten, können ebenfalls 2-MCPD-Fettsäureester enthalten (z. B. Margarine, Backwaren, Säuglingsnahrungen). Die Gehalte an 2-MCPD-Fettsäureestern, die in den verwendeten Fetten und Ölen gemessen werden, finden sich in den Lebensmitteln wieder, in denen diese Fette und Öle als Zutat eingesetzt werden. Es handelt sich hierbei also um einen „exogenen“ Eintrag durch das verwendete Fett oder Öl.
Die EFSA geht in ihrer Risikobewertung vom Mai 2016 davon aus, dass die 2-MCPD-Fettsäureester – wie die 3-MCPD-Fettsäureester – im Organismus in die freie Verbindung gespalten werden. Somit sind die 2-MCPD-Fettsäureester aus toxikologischer Sicht wie freies 2-MCPD zu bewerten. Allerdings reichen die vorliegenden toxikologischen Daten bislang nicht für eine Bewertung von freiem 2-MCPD aus. Es ist lediglich bekannt, dass freies 2-MCPD – anders als 3-MCPD – im Tierversuch keine Nierentoxizität zeigt, was darauf schließen lässt, dass die toxikologischen Eigenschaften von 3-MCPD und 2-MCPD nicht vergleichbar sind.
Glycidyl-Fettsäureester
Glycidyl-Fettsäureester werden – wie die MCPD-Fettsäureester – bei der Raffination von pflanzlichen Speisefetten und -ölen gebildet. Der größte Anteil an Glycidyl-Fettsäureestern entsteht während der Desodorierung der Fette und Öle. Das gewählte Temperatur-Zeit-Profil bei der Desodorierung hat einen deutlichen Einfluss auf die Bildung der Glycidyl-Fettsäureester. Inzwischen ist bekannt, dass sich Glycidyl-Fettsäureester auch bei der Raffination von Fischölen bilden können.
Studien haben gezeigt, dass Glycidyl-Fettsäureester im Organismus gespalten werden und dadurch die freie Verbindung Glycidol nahezu vollständig freigesetzt wird. Daher sollten die Glycidyl-Fettsäureester aus toxikologischer Sicht wie Glycidol bewertet werden. Glycidol besitzt mutagene und karzinogene Eigenschaften und wurde im Jahre 2000 von der IARC als 'wahrscheinlich krebserregend für den Menschen' (Gruppe 2A) eingestuft. Aufgrund des genotoxischen Potentials von Glycidol sollten die Gehalte an Glycidyl-Fettäureestern in pflanzlichen Speisefetten und -ölen sowie in den Lebensmitteln, in denen diese Fette und Öle als Zutat eingesetzt werden, möglichst niedrig sein (ALARA-Prinzip - 'so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar'). Die EFSA hat in ihrer Risikobewertung vom Mai 2016 nochmals bestätigt, dass es sich bei der freien Verbindung der Glycidyl-Fettsäureester, Glycidol, um ein genotoxisches Karzinogen handelt.
Risikobewertung
Nach dem Bekanntwerden der Befunde von 3-MCPD-Fettsäureestern und später Glycidyl-Fettsäureestern in raffinierten Speisefetten und -ölen hatte das BfR in 2007 bzw. 2009 eine erste vorläufige Risikobewertung durchgeführt und war unter Zugrundelegung eines „worst case Szenarios“ zu dem Schluss gekommen, dass die Gehalte an 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in Speisefetten und -ölen sowie in Lebensmitteln, die diese Fette und Öle enthalten, minimiert werden sollten. Dies wurde insbesondere für den Einsatz von raffinierten pflanzlichen Speisefetten und -ölen in Säuglingsanfangs- und -folgenahrungen empfohlen, da Säuglinge, die nicht gestillt werden können, auf industriell hergestellte Säuglingsnahrung angewiesen sind. In seiner Stellungnahme vom Dezember 2007 hatte das BfR die ölherstellende Industrie zudem aufgefordert, „alternative Techniken für die Herstellung raffinierter Fette und Öle zu entwickeln“. Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits davon ausgegangen, dass die 3-MCPD-Fettsäureester und die Glycidyl-Fettsäureester vollständig in die freien Verbindungen gespalten werden. Allerdings bestanden erhebliche Wissenslücken, sowohl was die Toxikologie als auch die Exposition der Bevölkerung mit 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern aus Lebensmitteln anging. Während die Erkenntnisse zur Toxikologie durch Forschungsarbeiten in den nachfolgenden Jahren verbessert werden konnten, stellten das BfR in 2012 und die EFSA in 2013 erneut fest, dass die Datenlage für eine Expositionsabschätzung unbefriedigend ist und verbessert werden muss. Im Sommer 2014 wurde auf europäischer Ebene eine Kommissionsempfehlung für ein Monitoring von bestimmten Lebensmitteln auf 3-MCPD-Fettsäureester, 2-MCPD-Fettsäureester, Glycidyl-Fettsäureester sowie freies 3-MCPD und 2-MCPD verabschiedet, mit dem eine ausreichende Datenbasis für eine umfängliche Risikobewertung der EFSA geschaffen werden sollte. Eine erste umfängliche Risikobewertung der EFSA wurde im Mai 2016 veröffentlicht, ein Update der Risikobewertung für die 3-MCPD-Fettsäureester folgte im Januar 2018. Im Wesentlichen wurden die bisherigen Einschätzungen des BfR bestätigt. So sind die Anstrengungen zur Minimierung der Glycidyl-Fettsäureester dem ALARA-Prinzip folgend unverändert fortzuführen („so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar“). Um Überschreitungen des TDI bei Kinder bis 10 Jahren, die große Mengen eines bestimmten Lebensmittels verzehren, zu vermeiden, ist die Redu-zierung der 3-MCPD-Fettsäureester in raffinierten Fetten und Ölen ebenfalls fortzusetzen.
Die EFSA hat mit ihrer Risikobewertung vom Mai 2016 zum einen verschiedene Wissenslücken geschlossen, zum anderen aber auch noch bestehende Wissenslücken aufgezeigt. Diese betreffen vor allem das freie 2-MCPD und damit verknüpft, die 2-MCPD-Fettsäureester. Hier fehlen sowohl notwendige toxikologische Studien als auch Gehaltsdaten. Weiterhin sollten zukünftig stets alle fünf Gruppen von Komponenten (3-MCPD-Fettsäureester, 2-MCPD-Fettsäureester, Glycidyl-Fettsäureester, freies 3-MCPD, freies 2-MCPD) in den Proben untersucht werden, um ein vollständiges Datenpaket zu erhalten. Auch sollten in die Datensammlung alle Lebensmittel eingeschlossen werden, die diese Prozesskontaminanten möglicherweise enthalten können. Darüber hinaus wird empfohlen, weitere Studien zur Freisetzung der freien Verbindungen aus den Estern durchzuführen, da diese bislang nur beispielhaft für wenige Ester existieren. Ein Problem stellte jahrelang auch die Analytik der 3-MCPD-und Glycidyl-Fettsäureester dar. Erst im Jahre 2013 wurden drei Analysenmethoden für 3-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureester in Speisefetten und -ölen von der AOCS in einem internationalen Ringversuch validiert und veröffentlicht (AOCS Official Methods Cd 29 a-c 13). Für die Analytik von 3-MCPD- Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in verarbeiteten Lebensmitteln wurde erst im März 2015 vom europäischen Referenzlabor JRC-IRMM eine in-house validierte Analysenmethode vorgestellt. An einer Weiterentwicklung dieser Methode wird immer noch gearbeitet.
Maßnahmen der Wirtschaft
Die Lebensmittelwirtschaft hat sich mit Bekanntwerden der Befunde an 3-MCPD-Fettsäureestern in pflanzlichen Fetten und Ölen unverzüglich der Thematik angenommen. Es wurden Forschungsprojekte gestartet, um den Bildungsweg von 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern zu ermitteln und mögliche Minimierungsstrategien für raffinierte pflanzliche Fette und Öle zu entwickeln. So wurden in den Jahren 2009 bis 2011 und 2012 bis 2014 auf Initiative der deutschen Lebensmittelwirtschaft zwei umfassende Forschungsprojekte der Industriellen Gemeinschaftsforschung durchgeführt, deren Förderung durch den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) koordiniert wurde. Im Ergebnis wurden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, die Bildung von 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in raffinierten Pflanzenfetten und -ölen zu reduzieren. Über die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten wurde regelmäßig sowohl in verschiedenen wissenschaftlichen Veranstaltungen und als auch über Publikationen in Fachzeitschriften informiert. Darüber hinaus wurde aus dem Projektbegleitenden Ausschuss der beiden FEI-Projekte heraus die Initiative gestartet, die Ergebnisse der beiden Forschungsprojekte in Form einer „Toolbox“ zusammenzustellen und die Werkzeuge („Tools“) durch Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Praxis der ölherstellenden und der weiterverarbeitenden Lebensmittelindustrie zu ergänzen. Von einer Arbeitsgruppe unter Koordination des BLL wurden Tools entlang der gesamten Lebensmittelkette erarbeitet, die es dem einzelnen Anwender ermöglichen sollen, in Forschung und Praxis vorhandene Kenntnisse zu nutzen, um den Gehalt an 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in seinen Produkten entsprechend senken zu können. Die Arbeitsgruppe geht davon aus, dass die dieselben Tools, die für 3-MCPD-Fettsäureester vorgeschlagen werden, auch zur Reduzierung von 2-MCPD-Fettsäurestern geeignet sind. Die Toolbox ist auf der Internetseite des BLL veröffentlicht.
Stand: März 2019